Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die digitale Lehre, so wie sie derzeit durchgeführt wird, mit einem massiven Qualitätsverlust einhergeht. Der Einsatz digitaler Hilfsmittel darf kein Selbstzweck sein, sondern muss eine qualitative Verbesserung für Lehrende, Forschende und Studierende bieten.
In den vergangenen Monaten fand das Studium hauptsächlich vor dem Bildschirm statt, der Austausch mit anderen Studierenden und Lehrenden blieb weitestgehend aus. Eine sinnvolle, kritische Auseinandersetzung mit Lehrinhalten, ist ohne Meinungsaustausch und Debatte kaum möglich. Das sorgt nicht nur für die weitere Vereinzelung der Studierenden, sondern verschlechtert auch das Betreuungsverhältnis – Studentinnen und Studenten sind dadurch nicht mehr als ein Name, der am Bildschirmrand der Unterrichtenden aufscheint, während sie gezwungen sind ihre Vorträge vor einer Webcam runterzubeten.
Das ist kein neues Phänomen, sondern eine Entwicklung, die mit der Corona-Krise und dem unvorbereiteten Umstieg auf digitale Lehre noch zusätzlich beschleunigt wurde. Unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Verwertbarkeit, versucht der moderne Kapitalismus mit der Digitalisierung unserer Universitäten und Fachhochschulen auf Kosten der Studierenden Personal einzusparen. Gleichzeitig hinken unsere Hochschulen dort wo uns Technik das Studium erleichtern könnte massiv hinterher.
Während die anderen ÖH-Fraktionen, ungeachtet der Folgen für die Qualität des Studiums und für das Lehrpersonalm, diesen Digitalisierungsprozess vorantreiben wollen, setzen wir uns seit Jahren kritisch mit dem Thema auseinander. Ebenso außer Acht gelassen wird die soziale Selektion, die dadurch vorangetrieben wird: viele Studierende können sich teure Laptops oder WLan in der erforderlichen Geschwindigkeit oft nicht leisten. Durch die ausbleibende finanzielle Unterstützung und den rasanten Umstieg und auf digitale Lehre, werden sie aus dem Studienalltag ausgegrenzt.
Zwei Drittel aller Studierenden müssen arbeiten, um sich ihr Leben finanzieren zu können. Mit einer Digitalisierung der Lehrinhalte, kann ihnen das Studium zwar punktuell erleichtert werden, trotzdem sehen wir darin keine Lösung des ursächlichen Problems. Unter Beibehaltung der prekären Lebensumstände, mit denen sich viele StudentInnen konfrontiert sehen, bedeutet die zusätzliche Digitalisierung der Lehre eine Einzementierung dieser sozialen Schieflage. Die Forderung nach Digitalisierung muss mit dem Kampf für ein Studium frei von ökonomischen Zwängen der Studierenden einhergehen!
Bereitstellung von Lehrinhalten, freie Verfügbarkeit von Wissen, besserer barrierefreier Zugang – die Nutzung von technischen Mitteln kann uns den Studienalltag auf vielen Ebenen erleichtern. Das kann aber nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit den Lehrenden und Studierenden für bessere Studienverhältnisse kämpfen.