Universitäten sind ein Ort, an dem gesellschaftlicher Fortschritt produziert wird. Die meisten von uns haben unser Studium mit dem Anspruch begonnen, einen Teil dazu beizutragen. Egal ob Astrophysik, Geschichte oder Pharmazie: Wir lernen nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Zukunft. Wir kämpfen uns durch Klausuren und erarbeiten unsere Abschlüsse – nicht nur um einmal einen Job zu haben, sondern auch um die Gesellschaft voranzutreiben. Genau das wird aber immer mehr verunmöglicht. Universitäten geraten immer mehr in die Geiselhaft von Kapitalinteressen. Egal ob Studierende, Lehrende oder Forschende, für alle ist offenkundig: Nichts funktioniert heute mehr ohne Drittmittelfinanzierung. Forschung, die kein Funding findet, findet auch nicht statt.
Die Einflussnahme von Unternehmen fängt schon bei ganz grundlegenden Dingen an, die alle Studierenden spüren können. Ob es der Red Bull-Hörsaal ist oder die Bank Austria-geförderte ÖH Uni Wien; das sind keine selbstlosen Geschenke. Hinter ihnen steht die Erwartung auf Gegenleistungen. Abseits der primären Leistung der Universitäten für die Privatwirtschaft, der Produktion billiger Arbeitskräfte mit Bachelorabschluss, zeigt sich spätestens bei der Dissertation, oft aber auch schon bei der Masterarbeit ein weiteres gravierendes Problem: Wie finanziere ich mein Projekt? Beinahe unweigerlich führt das inzwischen zur Kooperation mit Firmen oder zu Fördertöpfen als Geldquelle. Wie sehr die Wissenschaft darauf angewiesen ist, merkt man spätestens, wenn man versucht, Funding für Forschung aufzutreiben, die keinem Unternehmen einen unmittelbaren Profit verspricht oder gerade nicht in die Förderstrategie der Drittmittelgeber passt. Die Produktion von neuem Wissen wird so auf den engen Bereich des kapitalistischen Profitstrebens eingeschränkt.
Darunter leidet zunehmends auch die Qualität der Universität als Arbeitsplatz für Forschung und Lehre. An der Universität geht vieles durch, das wir uns auch in “normalen” Arbeitsverhältnissen nicht gefallen lassen sollten: Forcierter Konkurrenzdruck, unbezahlte Überstunden und befristete Beschäftigungsverhältnisse. Vor allem letzteres ist an unseren Universitäten immer mehr zur Norm geworden. Der überwiegende Großteil der Beschäftigten hangelt sich von einer befristeten Anstellung zur anderen. Alles in der Hoffnung, eines Tages eine der wenigen unbefristeten Stellen zu ergattern. Vernünftige Lebensplanung, genügend Zeit für die Vorbereitung der Lehre und ausreichend Luft, um auf neue Gedanken zu kommen – unter diesen Bedingungen alles unmöglich. Darüber hinaus schreiben diese Bedingungen auch bestehende Ungleichheiten fort. Angehende Forschende aus der arbeitenden Bevölkerung, solche mit Betreuungspflichten von Kindern oder Familienangehörigen, Frauen und Migrant:innen sind davon überproportional betroffen. Die einzige Antwort der Regierung auf all diese Probleme verschlimmert diese Situation sogar noch. Der Paragraph §109 im Universitätsgesetz schreibt vor, dass Personen an einer jeweiligen Universität nach acht Jahren Beschäftigung in befristeten Verträgen keine weiteren befristeten Verträge erhalten dürfen. Eingeführt wurde dieser Paragraph mit dem Argument, er würde zu mehr fixen Anstellungen führen. Da den Universitäten dafür aber das Geld und der Wille fehlt, kommt es für eine ganze Generation junger Forschender einem Berufsverbot gleich.
Besonders zugespitzt zeigen sich die Folgen der Profitlogik auch dann, wenn die Finanzierung auch noch von Unternehmen kommt, deren Geschäft der Krieg ist. Schon heute wird an der TU Wien unter einem Greenwashing-Feigenblatt mit Geldern von Glock geforscht. Je nach Universität machen Drittmittel zwischen einem Fünftel und mehr als einem Drittel der Gelder aus. Ob direkt durch einzelne Unternehmen oder indirekt über Fonds, die ihr Geld aus Unternehmen und Stiftungen beziehen: Diese Forschung ist nicht im Sinne der Gesellschaft, sondern im Sinne des Profites. Im besten Fall bedeutet das die nächste Saftpressmaschine, die keiner braucht. Im schlimmsten Fall bedeutet das neue Luftwaffensysteme, Drohnen und Panzer für den Einsatz gegen das Wohl der Menschen und für den Krieg. Freie Bildung bedeutet auch freie Forschung!
Auch Versuche, zusätzliche Einnahmequellen zu generieren, wie zum Beispiel kostenpflichtige Lehrgänge, sollten in unserem Bildungssystem keinen Platz haben. Bildung und Weiterbildung im Erwachsenenalter dürfen nicht vom eigenen Vermögen abhängen. Ganz besonders absurd wird es, wenn sich diese Lehrgänge vollständig von der Wissenschaft verabschieden, wie zum Beispiel der Masterlehrgang für Alternativmedizin auf der FH Campus Wien.
Deshalb fordern wir:
- Krisengewinner enteignen, Universitäten ausfinanzieren! Forschung für gesellschaftlichen Fortschritt statt private Unternehmen!
- Paragraph §109 abschaffen, Schluss mit den befristeten Verträgen! Für einen Stellenausbau und bessere Arbeitsbedingungen in Lehre und Forschung! Keine Rüstungsforschung an den Universitäten – Unis für das gesellschaftliche Wohl!
- Forschung im Interesse der Wissenschaft – Schluss mit der Einflussnahme privater Konzerne!
- Abschaffung kostenpflichtiger Lehrgänge!
- Abschaffung von nicht wissenschaftsfundierten Lehrgängen, welche nur Einnahmen für die Hochschulen lukrieren sollen!
- Privatunis in staatliche Hand!