Margaret Thatcher ist am 8. April dieses Jahres von uns gegangen. Ihr politisches Erbe bleibt, und sein Einfluss wächst.

von Philipp Funovits

 

Die Deregulierung der Arbeitsmärkte, die Privatisierung öffentlichen Eigentums, die Öffnung von Kernelementen der Daseinsvorsorge (Gesundheit, Bildung, Energiewirtschaft, Altersvorsorge etc.), der ökonomischen Ausbeutung durch die Schaffung von Märkten, die von Regulierungsbehörden baufsichtigt werden, das Zurückdrängen der Gewerkschaften bis zum Rand der Bedeutungslosigkeit, expansive neokolionalistische Außenpolitik, das Zurückfahren oder Eliminieren von möglichst vielen Elementen der staatlichen Sicherungssysteme, Austeritätspolitik. Das waren zentrale Merkmale des Thatcherismus, und das ist mittlerweile auch der Standardcocktail der im Rahmen der vergeblichen Kriseninterventionen der Europäischen Union ins Schlingern geratenen Eurozonen Mitgliedsländern im Austausch für Darlehen und Stützkäufe verordnet wird.

Diese Politik bedient sich stets des gleichen Werkzeugkastens bei der Umsetzung dieser Maßnahmen, und dabei vor allem des New Public Managements, einer Rezeptsammlung für die Gestaltung von Steuerungsmethoden von Teilen des öffentlichen Sektors, die sie auf Privatisierungs- und Liberalisierungsschritte vorbereitet, für die marktförmige Strukturen Voraussetzung sind.

Die Republik Österreich hat mit der Deregulierung und Ausgliederung der österreichischen Universitäten dem Thatcherismus auch in Österreich ein kleines Denkmal gesetzt, war sie doch im Kern nichts anderes, als der Versuch, die Umgestaltung des Universitätssystem nach den Dogmen des New Public Managements. Studierende wurden von Angehörigen und Mitgestaltungen zu KundInnen degradiert, die für eine Dienstleistung gefälligst zu zahlen hatten, die Universitäten in Körperschaften öffentlichen Rechts ausgegliedert, die nach Handelsgesetzbuch zu bilanzieren hatten, eine Eröffnungsbilanz erstellen mussten und Rechnungsabschlüsse zu legen hatte. Die Budgetierung erfolgte nun aufgrund von Leistungsvereinbarungen,  zur Schaffung eines Pseudomarktes bei dem die Universitäten Verträge mit ihrem einzigen wesentlichen Kunden und Auftraggeber, dem Staat, abschließen mussten, der sie zur Erfüllung zahlreicher Aufgaben zwang, die mit den knappen budgetierten Mitteln nicht zu erfüllen waren, um die alle Universitäten gemeinsam gezwungen waren, sich zu balgen. Inneruniversitäre Elemente der Demokratie wurden ersetzt durch die Travestie einer Aktiengesellschaft, ein politisch und durch Interessengruppen wie die Industriellenvereinigung durchsetzter Universitätsrat stand dem Rektor gegenüber, wie der Aufsichtsrat dem CEO einer Aktiengesellschaft, der Rest war hierarchische Autokratie und Chaos. Die miserable Budgetsituation führte dazu, dass mehrere Generationen von talentierten DissertantInnen und Dissertanten an den Universitäten in vergangenen Jahren nicht dauerhaft Fuß fassen konnten. Auch das war ein unschätzbarer Verlust, genauso wie der Kahlschlag bei den kleinen differenzierten Disziplinen der früheren Volluniversitäten. Für das Versagen der Auftragnehmerinnen mussten die politisch Verantwortlichen auch keine Verantwortung übernehmen, was sich als praktisch erwies, als sich die massive Umstellung immer mehr als Flop herausstellte, schon bevor die österreichweiten Hörsaalbesetzungen schon vor Jahren ihr endgültiges Scheitern markierte. Absurditäten wie der Versuch der teilweisen Indikatorsteuerung der Budgets, bei den Universitäten ein Teil ihrer Mittel aufgrund der Entwicklung bestimmter statistischer Parameter automatisch zugeteilt wurde, hat man schon davor stillschweigend in kleinen Novellen wieder eliminiert. Die zentralen Elemente blieben bestehen.

Das stagnieren der wissenschaftlichen Forschung, die systematische Überlastung der Universitäten, die vielen Fehlentwicklungen bei der Gestaltung der Curricula und Zugangsregelungen sind nicht allein mit dem Mantra aller bildungspolitisch Besorgten, der Erhöhung der Mittel für die Universitäten und den restlichen Bildungssektor allein zu lösen. Die mit der Deregulierung installierte defektive und destruktive Steuerungsmethode, die für die Steuerung von Hochschulen einfach ungeeignet ist, kann damit nicht kuriert werden. Dieser Margaret-Thatcher-Gedenkschrein in den Alpen muss wieder abgetragen werden.

 

Der Autor Philipp Funovits war von 2003 bis 2005 Vorsitzender der ÖH Uni Graz und ist Aktivist der KPÖ.