Dario Tabatabai, 26, ist Spitzenkandidat des Kommunistischen StudentInnenverbands (KSV-KJÖ).

Dario Tabatabai studiert Jus- und Geschichte
in Graz und arbeitet Teilzeit.

Warum bist du eigentlich beim KSV aktiv geworden?

Eigentlich hatte ich nie vor mich politisch zu engagieren. Ich hatte eine linke Tendenz, da ich Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen konnte. Richtig politisiert wurde ich letztendlich bei der Nationalratswahl 2013, als die FPÖ einen ziemlichen Stimmenzuwachs verzeichnen konnte und da hab ich mich entschieden, selber die Initiative zu ergreifen und etwas dagegen zu tun. Als ich nach einer passenden politischen Organisation suchte bin ich an der Uni Graz auf den KSV gestoßen, wo ich dann ein Jahr später Mitglied wurde.

Findest du, dass sich Studierende zu wenig für Politik interessieren?

Das denke ich nicht. Das Hauptproblem an der sogenannten „Politikverdrossenheit“ der Menschen ist, dass man sich einfach nicht repräsentiert fühlt. PolitikerInnen jeder Partei heben sich allein mit ihrem Gehalt so sehr vom Rest der Bevölkerung ab, dass sie den Bezug zu den täglichen Problemen der Menschen verloren haben. Ein Nationalratsabgeordneter merkts nicht im Geldbörserl, wenn die Öffi-Tickets wieder mal teurer werden.

Die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen ist in einem Dauertief. Wieso ist das so?

An der extrem niedrigen Wahlbeteiligung ist die ÖH größtenteils selber schuld. Wenn man fast ausschließlich auf Service setzt fragt man sich zurecht irgendwann, wozu man überhaupt zur Wahl geht. Klar sind günstige Skripten, Rechtsberatungen und Unterstützung in sozialen Notlagen große Hilfen für uns Studierende, aber was ist mit der Interessensvertretung gegenüber Politik und Rektorat? Wir Studierende müssen für unsere Interessen einstehen, die Bundesregierung wird nicht von sich aus soziale Politik verfolgen.

Der KSV steht also zum allgemein-politischen Mandat der ÖH?

Ohne jeden Zweifel. Wir gehen sogar einen Schritt weiter: unserer Meinung nach reicht eine einfache Vertretung nicht mehr aus. Früher oder später müssen wir Studierende selbst ins Geschehen eingreifen und uns engagieren. Wir fordern eine bessere Einbindung der Studierenden in die politischen Prozesse an den Hochschulen. Am besten funktioniert das innerhalb der Studienvertretungen, denn hier ist man in direktem Kontakt mit seinen Kolleginnen und Kollegen und kann sich zusammenschließen. Und Organisation ist das allerwichtigste, wenn man etwas erreichen möchte.

Den Vorsitz der letzten Periode in der Bundes-ÖH hatten der VsstÖ, die GRAS und die Fachschaft, also eine Mitte-Links Exekutive. Worin unterscheidet sich eure Sichtweise der Hochschulpolitik von den anderen linken Fraktionen?

Der markanteste Unterschied ist unser Demokratieverständnis. Für andere ist es demokratisch genug, wenn man alle paar Jahre eine Wahl ansetzt und das Blaue vom Himmel verspricht, dann aber während der Legislaturperiode keinen Einfluss auf seine VertreterInnen hat. Die Regierung kann dann durchregieren und erst nach Jahren abgewählt werden. Für uns ist es mindestens genauso demokratisch auf die Straße zu gehen und die Umsetzung der Versprechen, die eine Partei vor der Wahl gemacht hat, einzufordern. Der Druck der Bevölkerung ist dann so groß, dass damit oft mehr erreicht werden kann als eine linke Koalition auf der Regierungsbank sitzen zu haben.

Wofür sollte man als Student oder Studentin auf die Straße gehen?

Da gibt es vieles, das wir thematisieren können. Besonders enttäuscht bin ich vom Engagement der ÖH beim Thema Erlass des Studienbeitrags für arbeitende Studierende. Der Paragraph, der dies bisher geregelt hatte, wurde vom VfGH außer Kraft gesetzt, doch es bestand die Möglichkeit, diesen marginal zu korrigieren. Die Schwarz-Blaue Regierung hat dies kategorisch abgelehnt und die ÖH war gezwungen mit den Universitäten selbst ins Gespräch zu gehen. Leider wurden da zumeist schlechte Regelungen vereinbart, die nur wenigen Studierenden finanziell helfen konnte, wie etwa Studienabschlussstipendien mit strengen Voraussetzungen. Ich selbst muss auch Teilzeit arbeiten um mir mein Studium finanzieren zu können. Arbeit und Studium waren bisher auch schon schwer vereinbar, nun muss man auch noch zahlen, wenn man aufgrund der Arbeit länger fürs Studium braucht. Das war ein ziemlicher Schlag ins Gesicht für alle erwerbstätigen Studierenden.

Was hätte deiner Meinung nach passieren müssen?

Zuerst hätte ich eine bundesweite Infokampagne für alle Studierende eingeleitet, um über die kommende Verschlechterung zu berichten. Viele Studierende wissen gar nicht, was sich eigentlich im Hochschulrecht so abspielt. Mit einer informierten und betroffenen Studierendenschaft hätte man ein großes Protestpotenzial. Mehr als die Hälfte aller Studentinnen und Studenten sind berufstätig, wir sprechen hier von Tausenden, die einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt wurden.

Eines eurer Hauptthemen ist eure Kritik am steigenden Einfluss der Wirtschaft an den Hochschulen.

Der Bologna-Prozess hat vor Jahren schon den Grundstein einer Verschulung und Marktorientierung der Universitäten gelegt. Weil Unis jetzt untereinander um Geld konkurrieren, ist man gezwungen die Statistiken zu verschönern, sprich die sogenannte „Prüfungsaktivität“ wird hier zum relevantesten Kriterium um auf ein höheres Budget vom Staat zu hoffen. Gleichzeitig bieten immer mehr Unternehmen Drittmittelfinanzierungen an, um so auch innerhalb der Universitäten zukünftige „Human Ressources“ nach ihren Vorstellungen zu formen. Besonders an technischen Universitäten werden Forschungsprojekte und sogar ganze Institute von Konzernen finanziert, natürlich völlig selbstlos und ohne Gegenleistung.

Aber ist nicht der Zweck eines Studiums danach einen Beruf ausüben zu können?

Natürlich ist es das. Aber eben nicht nur. Manche StudentInnen und Studenten bleiben nach ihrem Abschluss an der Uni und gehen in die Forschung oder Lehre. Eine zunehmende Verschulung der Universitäten würde dazu führen, dass man ausschließlich für den Arbeitsmarkt ausgebildet wird, während man weder interdisziplinäre, noch forschungsorientierte Schwerpunkte setzen kann. Außerdem wird man auf einen Job zugeschnitten, weshalb man im Beruf erst recht eine umfassende Einschulung braucht, um Fuß fassen zu können. Der Bologna-Prozess verfehlt also sein angebliches Ziel und verschlechtert die Qualität des Studiums. Und ein weiterer Nebeneffekt ist es, dass Studienrichtungen, die für die Wirtschaft unrentabel sind, kaputtgespart werden.

Was macht der KSV, um den Studierenden zu helfen?

Wir versuchen sowohl politisch als auch praktisch zu helfen. Einerseits stellen wir Anträge in den Hochschulvertretungen im Interesse der Studierenden, andererseits bieten wir kostenlose Mietrechts- und Arbeitsrechtsberatungen an, um so unkompliziert und konkret Unterstützung zu geben. In Graz hatten wir beispielsweise eine große Demonstration gegen die Abschaffung der Wohnbeihilfe organisiert, zu der hunderte betroffene Studierende kamen. Gemeinsam mit der KPÖ Steiermark konnten wir Verbesserungen erreichen, aber Studierende sind immer noch äußerst benachteiligt im neuen System der „Wohnunterstützung“. Das ironische an der Wohnunterstützung ist, dass die zuständige Landesrätin Doris Kampus von der SPÖ ist, einer angeblichen Alternative zur ÖVP und FPÖ. Wir werden bei diesem wie bei vielen anderen Themen nicht locker lassen.