Für die Kommunisten stand nie die Frage, ob ein Verbot ihrer Organisation gleichzeitig auch das Ende ihrer Tätigkeit sei. Die Geschichte der kommunistischen Bewegung zeigt, dass sie, obschon existenziell bedroht, immer versucht hat, auch mit den geringsten Mitteln für ihre sozialistischen, demokratisch-humanistischen Ziele tätig zu werden und sich nie in eine passive Rolle zurückgezogen hat.
Als die sozialdemokratische »Arbeiter-Zeitung« zu Beginn des Jahres 1936 meinte, man müss jetzt warten, bis die Geschichte selbst das Zeichen zum Handeln gäbe, antworteten die »Roten Fahne«: „Nein, mit solch einer Taktik können wir uns nicht einverstanden erklären. Wir wollen nicht … Beobachter und Registratoren der heranziehenden Wogen am Ufer bleiben und auf gut Wetter warten, sondern  durch aktives Eingreifen den Gang der Ereignisse bestimmen. Die scheinbar revolutionäre Auffassung vom baldigen Zusammenbruch des Faschismus, von der Konservierung der Gesinnung bis die Geschichte selbst ruft, ist praktisch nur eine Erscheinungsform des Reformismus.“

Warum Widerstand?

1939 hieß es zum Widerstand:
„Solange Österreich selbstständig war, lebte es mit allen kleinen Nachbarvölkern in Frieden. Seit in Österreich der «deutsche Friede» eingezogen ist, seit Österreich die «Ostmark» des deutschen Reiches bildet, ist es Aufmarschzone gegen Tschechen und Slowaken, gegen Ungarn und Serben, gegen Kroaten und Schweizer. Der Verlust der Unabhängigkeit – das ist auch der Verlust des Rechtes eines Volkes, selbst über Krieg und Frieden, selbst über seine Beziehungen zu den Nachbarn zu entscheiden. Das ist das Schicksal Österreichs unter der preußischen Fremdherrschaft: heute Gut und Lebenskraft des Volkes zu opfern für Hitlers Kriegsvorbereitungen, morgen – in einer vielleicht nahen Zukunft – Blut und Leben des Volkes zu opfern für Hitlers Krieg. Nicht zuletzt darum wird die Fremdherrschaft in Österreich abgelehnt und gehasst, weil mit Hitler die Kriegsrüstung und der Krieg ins Land kamen.“
1938 bezweifelte die RS-Führung den Sinn eines Widerstandes und betrieb bereits vor der Annexion ihre Auflösung. Im Gegensatz dazu führten die Kommunisten sowohl vor als auch nach 1938 einen organisierten, das Ziel der Wiedererrichtung eines freien, unabhängigen Österreich anstrebenden Widerstandskampf. Dazu gab es weder prinzipiell noch nach der Art und Weise des Kampfs eine Alternative.

Die KommunistInnen wollten leben und überleben

Den Kommunisten werden immer wieder Vorwürfe gemacht, dass ihr Widerstand zahlreichen Menschen das Leben gekostet hat . Man formuliert, dass die Versuche, diesen Widerstand zu organisieren, ihn zu leiten, Ursache dieser vielen Opfer war. Jene, die scheinbar den Widerstand anerkennen – nur nicht in dieser, von den Kommunisten geleisteten Form –, vergessen dabei ganz, dass in der Geschichte der Klassenkämpfe, im Kampf der versklavten, unterdrückten und ausgebeuteten Klassen, immer von den Herrschenden die physische Vernichtung als Mittel gegen die Revoltierenden eingesetzt wurde. Wenn der ehemalige Bundeskanzler Bruno Kreiskyschrieb, „dass es nützlicher und wichtiger ist, statt für eine Idee zu sterben, für sie zu leben“ , so zeigt dies nicht nur die Ferne zu den Realitäten des Klassenkampfes, sondern führt auch zu der Frage nach dem Verbleib der Solidarität. Dass zum Zeitpunkt dieser Aussage die Pinochetputschisten Hunderte seiner chilenischen Parteifreunde, an der Spitze den Regierungschef (Allende) erschossen oder auf andere Art und Weise ermordet haben, zeigt, wie verquer diese Aussage war. Allende hatte auch im Alter das Ideal des Sozialismus nicht aufgegeben und Kreiskys Ratschlag „für eine Idee zu leben“ ad absurdum geführt.
Zu unterstellen, die kommunistischen WiderstandskämpferInnen hätten sich quasi auf das Sterben unter dem Beil der Nazihenker kapriziert, verfälscht die Motivation ihres Kampfes gegen den Faschismus. Sie wollten leben und überleben, in Freiheit und Solidarität mit allen vom Hitlerfaschismus verfolgten Menschen und Völkern, was freilich nur im Kampf und nicht bloß in der fürsorglichen Pflege einer Idee möglich sein konnte.
Von einem geradezu erschütternden Zynismus zeugt der Rat, man hätte besser getan, die Befreiung durch die Alliierten abzuwarten. Es zeigte nicht zuletzt der Krieg, in dem die Sowjetunion an die 27 Millionen Opfer zu beklagen hatte, dass es zum Kampf gegen den Hitlerfaschismus keine  „lebensschonende“  Alternative gab.
Die Widerstandskämpfer waren keine Selbstmörder. Es ist müßig, in der Hinterdreinsicht fehlerhaftes Verhalten, zu spätes Reagieren auf Veränderungen usw. als Qualifikation des Widerstandes heranzuziehen. Wo dies geschieht, wird entweder der gesamten Widerstand oder aber in erster Linie der herausragenden Anteil der Kommunisten daran geschmälert oder diskreditiert .

KommunisteInnen waren Träger des Widerstandskampfes

Tatsache bleibt, dass der organisierte Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu gut vier Fünftel von den Kommunisten getragen wurde . Die österreichischen Kommunisten waren das Rückgrat des Widerstands. Ihr Streben den Widerstand über ihre eigenen Reihen hinauszutragen, um ihn mit anderen weltanschaulichen Gruppen auf eine breitere Basis zu stellen, waren nur zum Teil erfolgreich. Dort, wo es gelang, wie zum Beispiel in den Konzentrationslagern, aber auch im österreichischen Widerstand, zeigte sich für die anderen, mit welchem Einsatz die österreichischen Kommunisten den Kampf für ein freies, unabhängiges Österreich führten .
Der Widerstandskampf der Kommunisten war nicht nur Resultat ihrer Fähigkeit mit ihrer dialektisch-materlialistischen Methode geschichtliche Vorgänge und Zusammenhänge zu erkennen und zu analysieren , sondern auch Ausdruck der moralischen Pflicht, des humanistischen Auftrags, abgeleitet aus dem Recht auf Widerstand, das bereits im vorigen Jahrhundert vom bürgerlichen Juristen Rudolf Jhering als Pflicht definiert wurde .
Wenn seit einem Jahrzehnt, und jetzt massiv im Zusammenhang mit dem 70 Jahrestag der Annexion Österreichs von allen möglichen Kommentatoren der Fokus auf den sogenannten „Opfermythos“ (und den „Holocaust“) gelenkt wird (dem ein konstruierter und ebenso falscher „Tätermythos“ entgegengestellt wird), geht das einher mit dem nahezu vollständigen Ausblenden des aktiven, organisierten und mehrer Tausend Opfer gekosteten Widerstandskampf der ÖsterreicherInnen. Auch wenn das Wirken dieser ÖsterreicherInnen des Widerstandskampfes nicht massenwirksam wurde, so repräsentieren sie doch das bessere Österreich. Die Erinnerung an sie spielte nach 1945 und bis heute im öffentlichen Bewusstsein leider eine untergeordnete Rolle.

Willi Weinert ist  Historiker, lebt und publiziert in Wien.