von Hanno Wisiak

„Die Theorie wird zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift“, wusste weiland schon Karl Marx. Quod erat demonstrandum kann man nach der Streikbewegung der österreichischen MetallarbeiterInnen nun den UnkenruferInnen ins Stammbuch schreiben, die viel zu lang – fast unwidersprochen – über das Ende der Arbeiterklasse als politisches Subjekt schwadroniert haben.

Abgewürgt #1

Umgefallen ist jedoch die Gewerkschaftsführung. Der mehr als magere Lohnabschluss ist nicht nur ein schlechtes Zeichen für die anderen Branchen, er ist auch blanker Verrat an der kampfbereiten Basis und letztlich ein politischer coitus interruptus.

Betrachtet man die Tatsachen, wären 5,5 Prozent schon ein Kompromiss gewesen, der keinesfalls unterschritten hätte werden dürfen. Die Fakten: Ohne viel Aufsehen wurden die Managergehälter um 5 Prozent erhöht. Sie verdienen jetzt im Schnitt das 41-Fache der ArbeiterInnen. Österreichweit wurden satte zwei Milliarden Euro Dividende an die AktionärInnen ausbezahlt, während gleichzeitig die Inflation bei Dingen des täglichen Bedarfs im September um 7,1 Prozent angestiegen ist.

Der breite Rückhalt, den der Arbeitskampf in der Bevölkerung hatte, braucht daher nicht zu wundern. Er zwang sogar ORF und bürgerliche Medien dazu, wohlwollend zu berichten.

Abgewürgt #2

Blanker Verrat auch an der Uni Graz: Für den 18. Oktober waren in ganz Österreich Uni-Vollversammlungen angesetzt, bei denen alle Uni-Angehörigen – Lehrende, Studierende und Allgemeinbedienstete – darüber berieten, wie der Regierung das Geld, das an allen Ecken und Enden fehlt, abzutrotzen wäre. Nicht an der Uni Graz. Die ÖH-Koalition aus Fachschaftslisten und ÖVP-naher Aktionsgemeinschaft würgte sie – allen Erwartungen und Beteuerungen zum Trotz – kurzerhand ab und veranstaltete stattdessen eine „symbolische Suppenküche“ vor dem Hauptgebäude der Grazer Uni.

Eine Vollversammlung jedoch – zumal auch das Rektorat zu ihr aufgerufen hätte – wäre bei der Stimmung, die angesichts der überfüllten Hörsäle herrscht, schnell Ausgangspunkt Bewegung geworden. Würden die Herren der orange-schwarzen ÖH-Führung hie und da einmal ihr Refugium in der Schubertstraße verlassen, hätten sie die breite Verärgerung bemerkt.

Das Abwürgen entpuppt sich aber nicht nur als Kardinalfehler, sondern bestätigt die Kritik all jener, die mit der aktiven Beteiligung der schwarzen AktionsGemeinschaft in einer ÖH-Koalition das strukturelle Unterbinden von Protesten zugunsten technokratischer Verwaltung befürchtet haben.

Gemeinsam statt einsam!

Die Angriffe auf das Bildungs- und das Sozialsozialsystem werden nicht weniger. Mauscheleien an grünen Tischen und symbolische Suppenküchen werden sie keineswegs abwehren können. Der Streikbewegung der MetallerInnen und der Kampf für eine bessere finanzielle Ausstattung der Universitäten sind zwei Seiten einer Medaille. Sie sind Bestandteils des Kampfes um die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums.

Der Blick über den universitären Tellerrand erweitert also nicht nur den Horizont, er ist nachgerade die Grundvoraussetzung dafür, politisch wieder Tritt zu fassen.

Der Streik der MetallerInnen war ein wichtiger Schritt der österreichischen Arbeiterbewegung. Weiteren Schritten kann sich die Gewerkschaftsbürokratie nicht mehr in der Weg stellen – und das gilt auch mutatis mutandis für die konservative ÖH-Führung –, wenn die Wut zu Widerstand wird.

P.S.: Der vielleicht angenehmste Nebeneffekt, wenn Betroffene beginnen, sich zur Wehr zu setzen ist: Strache hat Sendepause.