Der Einsatz von EU-Battlegroups in Libyen wird derzeit öffentlich überlegt, auch von der österreichischen Regierung. Ein Gipfelpunkt an Zynismus und Heuchelei: Man scheut nicht davor zurück, jene Toten, die mit von EU-Staaten gelieferten Waffen getötet wurden, als Vorwand für eine Militärintervention zu nehmen, um die eigenen Interessen hemmungslos durchzusetzen.
Seit 1. Jänner 2011 steht auch eine Abteilung österreichischer SoldatInnen im Rahmen des EU-Battlegroup Programms abmarschbereit. Laut jüngsten Meldungen überlegt die Bundesregierung den Einsatz dieser Interventionseinheiten in Libyen. Zu welchem Zweck? Rufen die Menschen, die den Volksaufstand in Libyen tragen, nach einer militärischen Intervention des Westens? Mitnichten. Der Aufstand entwickelt sich mit einer hohen Dynamik. Weite Teile des Landes sind bereits unter Kontrolle der Aufständischen, große Teile der Armee und des Sicherheitsapparates sind bereits auf die Seite des Aufstands gewechselt. Es dürfte auch bereits eine Übergangsregierung gebildet worden sein. Was könnte eine militärische Intervention leisten? Könnte sie Menschenleben retten? Im Gegenteil, mitunter würde sie erst recht zu einer weiteren gewalttätigen Eskalation beitragen.
Gipfel von Zynismus und Heuchelei
Der Westen und insbesondere auch die EU-Staaten haben in den letzten Jahren eng mit dem Gadaffi-Regime kooperiert. Nicht nur bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Libyen wurde mit westlichen Waffen überschwemmt. Bezahlt wurden diese Waffen nicht nur mit den Milliarden aus dem Erdölgeschäft, sondern auch mit den Milliarden aus dem Geschäft mit afrikanischen Flüchtlingen. Die libysche Regierung wurde dafür belohnt, dass sie diese Flüchtlinge abfängt. Dass diese vielfach drangsaliert wurden, war dabei völlig egal. Die Innenministerin, Maria Fekter, überlegt jetzt den Einsatz der österreichischen EU-Kampftruppe zur Flüchtlingsabwehr. Ein Gipfel des Zynismus und der Heuchelei.
Es ist mitunter die Angst um die Sicherung der eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen, die zu Überlegungen für eine militärische Intervention führen. Die Ankündigung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem alles darauf hindeutet, dass sich das Gadaffi-Regime nicht halten wird. Mit einer westlichen Militärintervention könnte demonstriert werden, dass es nicht akzeptiert werde, wenn sich der Aufstand auch gegen westliche Interessen wendet. Eine Militärintervention ist kein Akt der Solidarität mit dem Aufstand, sondern der Versuch, die Instabilität für die noch hemmungslosere Durchsetzung der eigenen Interessen nutzen zu wollen.
“Gelegenheit macht Diebe”
Völlig absurd ist die Behauptung, ein derartiger Einsatz sei mit Neutralität vereinbar, wenn es dafür ein Mandat des UN-Sicherheitsrates gebe. Auch ein mandatierter Krieg ist ein Krieg und mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen des immerwährend Neutralen völlig unvereinbar. Österreich sollte dringend ernsthafte Planungen aufnehmen, wie humanitäre Hilfe geleistet werden könnte, die mit der Neutralität vereinbar ist. Die Möglichkeiten dazu scheinen weitgehend gegeben zu sein.
Norbert Bauer, Vorsitzender der Solidarwerkstatt, unterstreicht in diesem Zusammenhang, nochmals die Bedeutung der Kampagne gegen die österreichische Beteiligung an den EU-Kampftruppen und den geplanten Aufbau eines Berufsheeres: “Offensichtlich macht Gelegenheit Diebe. Haben die Machteliten erst einmal ein derartiges Gewaltinstrument verfügbar, wollen sie es auch zum Einsatz bringen. Man scheut dann auch nicht mehr zurück, jene Toten als Vorwand zu nehmen, die mit Waffen getötet wurden, die man selbst geliefert hat.”
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Dankend übernommen von Solidar-Werkstatt