Der KSV meint, dass die Rede “… das Ebnen des Bodens für den Bau …” von Genossin Hella Altmann-Postranetzky, gehalten auf der Enquete “Marxismus – Frau – Familie – Gesellschaft” der KPÖ am 22. November 1969, nicht in Archiven verstauben sollte, sind ihre Thesen doch mindestens so lange aktuell, wie der Kapitalismus Unterdrückungsverhältnisse (re)produziert. Hier ist die Rede also, wir wünschen anregende Lektüre.

Es ist überaus schwierig, eine Einschätzung der Situation der Frau in den sozialistischen Ländern zu geben, denn erstens sind in den verschiedenen Ländern auf Grund ihrer ökonomischen und politischen Entwicklung sehr verschiedene Situationen vorhanden und zweitens wird diese Frage in dem mir zugänglichen Material aus diesen Ländern in Fremdsprachen meist nur aus propagandistischer Sicht behandelt.

Um ein halbwegs gültiges Bild zu geben, müsste man Materialien von Untersuchungen studieren und vom marxistischen Standpunkt durchleuchten. Eine Kommunistische Partei müsste genug Kraft und Zeit aufbringen, um ein solch ernsthaftes Studium zu ermöglichen. Darum will ich mich darauf beschränken nur ein paar Gesichtspunkte zu dieser Frage aufzuwerfen:

Wie Marx hat sich auch Lenin immer wieder mit Problemen der Frau und Familie beschäftigt, so z.B. in Gesprächen mit Klara Zetkin. Lenin sagte wörtlich: „Es heißt, dass das Kulturniveau am besten durch die rechtliche Stellung der Frau charakterisiert wird.”

Er bezieht sich auf die Feststellung des utopischen Sozialismus von der Genossin Reinelt gesprochen hat, nämlich, dass der Grad der weiblichen Emanzipation das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation ist. Tatsächlich wird in den sozialistischen Ländern die Gleichberechtigung der Frau nicht nur in allgemeinen Formen festgelegt wie z.B. bei uns in Österreich sondern wird diese Gleichberechtigung der Frau in eigenen Gesetzen zu konkreten ökonomischen, sozialen, familienpolitischen und vielen anderen Fragen im Einzelnen festgelegt.

Das Bestreben, die Gleichberechtigung der Frau durchzusetzen, ist allgemein spürbar. Nehmen wir z.B. das Familienrecht. Nach österreichischem Recht gilt noch immer, dass Sachen, selbst wenn sie aus den Ersparnissen der Frau, aus den ihr zugewiesenem Wirtschaftsgeld angeschafft wurden, im Zweifelsfall als Eigentum des Mannes gelten. Das bedeutet, die Arbeit der Frau im Haushalt wird nicht als Beitrag zur Vermögensbildung im gemeinsamen Haushalt angesehen. Anders in den neuen Familienrechten der sozialistischen Länder, wo die Arbeit der Frau im Haushalt und die Pflege der Kinder ebenso hoch eingeschätzt werden, wie die Tätigkeit des Mannes in der Volkswirtschaft. Die Arbeit für die Familie wird in der DDR sogar ausdrücklich als Arbeit in der Produktion gewertet. Das bedeutet, im Falle der Scheidung wird das in der Ehe erworbene Eigentum als gemeinsamer Besitz betrachtet und nach diesem Grundsatz geteilt. Im Gegensatz zu unserem, aus dem Jahre 1811 stammenden Familienrecht haben alle sozialistischen Länder, (nur von Albanien und China weiß ich das nicht), nach 1945 das Ehe und Familienrecht modernisiert und die Gleichberechtigung der Frau hat darin ihren Ausdruck gefunden.

In der UdSSR, der DDR und der CSSR gibt es kein Vorrecht des Mannes, keine Benachteiligung der Frau im Familienrecht. In anderen sozialistischen Ländern dürfte es ähnlich sein. Die Verantwortung für die Erziehung der Kinder, tragen nach dem Gesetz beide Elternteile. Die Rolle der Familie in Bezug auf das Kind geht nicht zurück sondern wächst. Es steht heute bereits außer Zweifel, dass die gesellschaftliche Erziehung, die Rolle der Familie, in der normalen Entwicklung des Kindes nicht voll ersetzen kann. Das Ideal ist eine Kombination von gesellschaftlicher und Familienerziehung, wobei die Bedeutung der gesellschaftlichen bzw. der Familienerziehung je nach dem Alter des Kindes wechselt.

Es gehört zu den Selbstverständlichkeiten in den sozialistischen Ländern, dass das uneheliche Kind in keiner Weise rechtlich benachteiligt ist. Auch für das ledige Kind wird kein Vormund bestellt. Überall dort wo aus irgendeinem Grund der Vater fehlt, liegt die Erziehung in den Händen der Mutter. Das ist ein ideologischer Feldzug gegen die Diskriminierung der ledigen Mutter, der man die Erziehung des Kindes nach früherer Ansicht nicht anvertrauen konnte. Bei uns besteht diese Ansicht noch immer. Natürlich bieten Gesetze noch nicht die Gewähr dafür dass von ihnen Gebrauch gemacht wird oder dass sich keine Schwierigkeit im Zusammenleben der Ehepartner ergeben können. Hier gilt es, die Jahrhunderte alten Gewohnheiten, Bräuche der Vergangenheit zu überwinden. Dabei ist nicht uninteressant, dass in der SU sogar eine Strafe für Nichteinhaltung der diversen Bestimmungen des Familiengesetzes bei der Heirat usw. angedroht wird, da es dort noch Gebiete gibt, wo Selbstverständliches eben noch nicht selbstverständlich ist.

Es ist interessant, dass in Ungarn festgestellt wurde, dass Arbeiterinnen von dem Recht bei der Eheschließung ihren Mädchennamen beizubehalten, nur selten Gebrauch machen, eher schon Frauen, die den akademischen Beruf haben. Zur Stellung der Frau im Wirtschaftsleben in den sozialistischen Ländern: Mit dem Prozess der immer stärkeren Einführung der Frau in das Berufsleben beginnt zu einem gewissen Grad auch die ökonomische Unabhängigkeit der Frau vom Mann, damit also auch eine neue Stellung der Frau in der Familie. Diese neue ökonomische Grundlage für eine höhere Form der Familie und des Verhältnisses der Geschlechter zueinander ist in den sozialistischen Ländern erweitert.

Die Einbeziehung der Frau in das Berufsleben wird in diesen Ländern nicht wie bei uns zwecks brauchbarer Arbeitsreserve oder des Lohndrucks mit vielen Vorbehalten bei ihrer gesellschaftlichen Wertung betrieben, sondern als unerlässlicher Beitrag zum Aufbau des Sozialismus als wichtiges Element der Entwicklung der Persönlichkeit der Frau als Ehegattin und als Erzieherin ihrer Kinder. Das Berufsleben erweitert den Horizont der Frau, das Interesse für Fragen, die aus der Enge des Haushaltes hinausführen. So wird die Frau eine bessere Ehegattin, die auch der Arbeit ihres Mannes Interesse entgegenbringt. Je weiter die sozialistische Erziehung für die Berufs- und Allgemeinbildung fortschreitet, wird die Frau auch umso mehr befähigt, ihre Kinder zu guten Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft zu erziehen. Das sind Gesichtspunkte, fair eine sozialistische Gesellschaft.

Für die berufliche Bildung der Frau leisten die sozialistischen Ländern im Vergleich zu den kapitalistischen Ländern außerordentlich viel. In der DDR wurde sogar ein Gesetz zur Schaffung von Frauensonderschulen geschaffen reit dem Sinn, es den verheirateten Frauen zu ermöglichen, eine Ausbildung als Ingenieur zu erhalten und während dieser Ausbildung gleichzeitig bei Mann und Kind zu sein. Das ist nicht nur ein Gesetz, solche Schulen existieren bereits. Staat, Betrieb, Kollegen und der Ehegatte sorgen dafür; dass das möglich ist. Das ist eine notwendige Ergänzung zum Gesetz. Wenn Frauen in der DDR eine Fachschule besuchen, gibt es z.B. in großen Betrieben, für die Kinder dieser Frauen einen eigenen Kinderbetreuungsdienst am Abend. Mit der steigenden allgemeinen Bildung der Frau wächst auch die positive Rückwirkung auf den geistigen Gehalt der Ehe und Familie. Es mag einen vielleicht etwas sonderbar berühren, wenn man Frauen an einem Fließband in der Sowjetunion sieht, die immer wieder die gleichen Handgriffe verrichten und einem dann der Leiter des Betriebs stolz erklärt: Sie alle haben die Matura. Aber eines bleibt doch richtig. Für das Zusammenleben der Ehepartner und Erziehung der Kinder ist die größere Bildung, die da geboten wird, sehr wertvoll. Es steht meiner Ansicht nach außer Zweifel, dass eine Ehe immer wieder Impulse von außen braucht, die von geistigen, gesellschaftlichen, beruflichen Gebieten ausgehen, um besser zu werden.

Trotz aller Bemühungen der sozialistischen Länder, trotz der aufgebrachten Mittel, bleibt das Problem für die Frau, dass der größte Teil der Hausarbeit im Einzelhaushalt von ihr verrichtet werden muss, bestehen. Das wird in den sozialistischen Ländern selbst festgestellt. Dabei ist die Führung des Haushaltes wegen Schwierigkeiten beim Einkaufen und anderen, nicht immer leicht. In der Sowjetunion wurde bei einer Untersuchung über die Freizeitbeschäftigung festgestellt, dass viel mehr Frauen als Männer ihre Lieblingswünsche in der Freizeit nicht realisieren können, weil ihnen die Zeit dazu fehlt. Es sind, ja nach Beruf und Ambition, zwischen 60 und 85% der befragten Frauen. Um dieses Problem zu lösen, bedarf es noch vieler Anstrengungen auf verschiedensten Gebieten. Ebenso muss gesagt werden, dass trotz weit besserer Möglichkeiten der beruflichen Bildung für die Frau und der Aufstiegsmöglichkeiten in den sozialistischen Ländern als bei uns, dieses Problem auch nicht gelöst ist. Es gibt Schwierigkeiten aus verschiedenen Gründen für die Frauen bei Erlangung einer leitenden Stellung. Interessant ist dabei die Feststellung in den sozialistischen Ländern, das Männer leichter die Frau als Leiterin anerkennen als die Frauen selbst. In der Sowjetunion wird in bestimmten Gebieten das Studium der Frauen an technischen Hochschulen derzeit eingeschränkt, weil sich erwiesen hat, dass der Ausfall der Frau wegen ihrer Familienpflichten in der Produktion Schwierigkeiten bereitet.

Bei der Einschätzung der Lage der Frau in den sozialistischen Ländern ist uns bewusst, was Lenin mit Nachdruck betont hat: dass nämlich die gesetzliche Verankerung der Gleichberechtigung der Frau, die Beseitigung aller rechtlichen Formen der Diskriminierung, nur das Ebnen des Bodens für den Bau ist, aber noch nicht der Bau selbst. An diesem Bau wird in den sozialistischen Ländern ernsthaft gearbeitet.

Aus dem Archiv von www.kominform.at ans Tageslicht gebracht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert