Nach Jahren des technologischen Stillstands hat die Corona Pandemie zu einem Aufholspurt in Sachen digitaler Lehre geführt. Wir haben aber auch gesehen, dass damit nicht unbedingt eine Verbesserung der Qualität universitärer Bildung einhergeht. Deshalb heißt es auch in Zukunft: Der Ausbau digitaler Unterrichtsmethoden ist zu begrüßen, aber nur insoweit, als er ein zusätzliches Angebot und damit eine Verbesserung der Lehre darstellt. Als Ersatz für den Präsenzunterricht taugt die digitale Lehre nicht.
Wir haben in der Zeit des Distance-Learnings gesehen, welche Nachteile die digitale Lehre bringt. Sie verhindert den sinnvollen Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden, führt zur Vereinzelung von Studierenden und verschlechtert das Betreuungsverhältnis. Sie macht Studierende zu nichts als Namen, die am Bildschirmrand der Lehrenden aufscheinen und zwingt die Lehrenden, ihre Vorträge vor einem Publikum aus einem schwarzen Bildschirm herunterzubeten. Ein Horror für alle Beteiligten.
Mittlerweile ist die Lehre glücklicherweise in weiten Teilen wieder zum Präsenzunterricht zurückgekehrt. Bei manchen Veranstaltungen, vor allem Vorlesungen, werden noch Aufnahmen der Einheiten angeboten. Allerdings fehlt dabei jede Regelmäßigkeit. Ob eine Vorlesung aufgenommen wird oder nicht, hängt von den Lehrveranstaltungsleitenden ab.
Jetzt aber wie andere Fraktionen blind den weiteren Ausbau der digitalen Lehre zu fordern, lehnen wir ab. Natürlich stellt die digitale Lehre in der Theorie eine gewisse Erleichterung für die breite Masse der arbeitenden Studierenden dar, da sie damit Vorlesungen nachhören können, die sie ansonsten versäumen würden. Das ist aber keinesfalls eine Lösung des Problems, sondern tatsächlich viel mehr eine Mehrbelastung. Anstatt etwas am Grundproblem ändern, dass zwei Drittel der Studierende nebenher noch arbeiten müssen, zementiert es diese Schieflage noch ein. Darüber hinaus befeuert es die ohnehin schon gängige soziale Selektion an unseren Universitäten. Nicht alle haben Zugang zu teuren Laptops und schnellen WLan Verbindungen. Solange soziale Unterstützung aus öffentlicher Hand für arbeitende Studierende und ihren Bedarf an technischen Geräten weiter ausbleibt, wird dadurch lediglich weiter ausgesiebt.
Das Problem an der Digitalen Lehre ist also nicht, dass sie digital ist. Das Problem ist, dass sie im Kapitalismus nur ein Vehikel ist, um die Verwertbarkeit von Bildung für Profitinteressen zu verbessern. Unter den aktuellen Zuständen würde ein großflächiger Ausbau digitaler Lehre an unseren Universitäten und Fachhochschulen zu Einsparungen beim Personal führen.
Bereitstellung von Lehrinhalten, freie Verfügbarkeit von Wissen, besserer barrierefreier Zugang – die Nutzung von technischen Mitteln kann uns den Studienalltag auf vielen Ebenen erleichtern. Das kann aber nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit den Lehrenden und Studierenden für bessere Studienverhältnisse kämpfen.
Deshalb fordern wir:
- Sozial gestaffelte Fördermittel für Laptops und W-Lan!
- Mehr Personal für bessere Betreuung – E-Learning darf den Präsenzunterricht nicht ersetzen!
- Mindeststandards und klare Regelungen für digitale Lehre! Verpflichtende Aufzeichnung von Vorlesungen!
- Digitale Präsentationsfolien, Skripten und Ähnliches sollen den Studierenden zur Verfügung gestellt werden, nach Möglichkeit auch schon vorab!
- Ausfinanzierung statt Spardiktat! Technische Hilfsmittel als sinnvolle Ergänzung, nicht als Sparmaßnahme.