Die ÖH wird von vielen Studierenden kaum ernst genommen. Das erkennt man am deutlichsten daran, wie viele Studierende sich nicht einmal genug für ihre Vertretung interessieren, um alle zwei Jahre zu den Wahlen zu gehen.

Manche Fraktionen sehen in der ÖH primär eine Servicestelle, die einem bei Problemen mit der Uni berät, oder, falls nötig, finanziell unter die Arme greift. Arbeit, die notwendig ist. Aber die ÖH ist auch eine Interessensvertretung, und muss sich deshalb auch in die Politik einmischen.

Für die meisten Fraktionen bedeutet das, dass sich die ÖH in einzelnen Presseaussendungen über verschiedenste Themen beschwert, sich dann mit dem Ministerium an einen runden Tisch setzt und ein wenig verhandelt. Das führt, wenig überraschend, zu nichts. Warum sollte auch eine Bundesregierung an den Schalthebeln der Republik auf ein paar Studierendenvertreter:innen hören? 

Wenn sich eine ÖH-Exekutive als besonders widerspenstig sieht, organisiert sie eventuell noch eine Demonstration. Da kann man kurz einmal laut radikale Sprüche rufen, bevor man sich wieder ins Hinterzimmer zum Verhandeln zurückzieht. Dass eine einzelne, noch so kämpferische, noch so große Demo nicht eine organisierte Studierendenbewegung ersetzen kann, wird gekonnt ignoriert. Aber so groß werden die Demonstrationen ohnehin nicht. Wieso sollt auch jemand dem Aufruf dieser ÖH folgen?

Allgemein ist diese Herangehensweise ideal für den Nachwuchs der großen Parlamentsparteien. In der ÖH können sie in Gremien, Referaten und Vorsitzposten ein wenig die spätere politische Arbeit üben. Eine wichtige Position in der ÖH wird so schnell einmal zu einem Sprungbrett für die spätere Karriere. Bestes Beispiel ist hierfür wohl die ehemalige ÖH-Vorsitzende von der GRAS, Sigrid Maurer, die Hand in Hand mit dem türkisen Koalitionspartner die studierendenfeindliche UG-Novelle durchgeboxt hat. 

Die linken Fraktionen haben aber eine besondere Haltung zur ÖH: Für sie ist die Studierendenvertretung ein Copingmechanismus dafür, dass man in der Gesellschaft jede politische Relevanz verloren hat. Die ÖH wird so zu einem Rückzugsort, an dem man sich noch wichtig fühlen kann. Die Konsequenz davon sind leere Forderungen, bei denen man weiß, dass sie eh nicht umgesetzt werden, und eine bereitwillige Bedienung am Budget der ÖH, um eigene Projekte umzusetzen, für die man sonst nicht die Möglichkeiten hat. Wer einen Blick in das Budget der ÖH-Bundesvertretung wirft, fragt sich schnell, warum diese eine Machbarkeitsstudie zum 1,5°-Klimaziel (Kosten: 20.000€) finanziert. 

Auch werden so gerne vonseiten selbstdeklarierter „Linker Exekutiven“ politisch nahestehende Projekte gefördert. Während diese Projekte teils an sich begrüßenswert sind, muss man sich schon fragen, ob es wirklich zur Aufgabe der ÖH Uni Wien gehört, solche Initiativen mit fast 250.000€ im Jahr zu fördern.

Meist wird sich hierbei auf das allgemeinpolitische Mandat, also die gesetzlich verankerte Möglichkeit der ÖH, sich zu nicht-studiumsbezogenen Themen zu äußern, berufen. Wir unterstützen das allgemeinpolitische Mandat, da die Probleme der Studierenden nicht vor der Hörsaaltüre Enden. Hochschulen und Studierende existieren nicht in einem luftleeren Raum,  darum muss sich auch die ÖH allgemeinpolitisch äußern dürfen. Wenn die ÖH aber primär zu einem Vehikel wird, die Projekte umzusetzen, welche die Linke nicht von allein stemmen kann und sie dabei ihre Kernaufgabe, Verbesserungen im Leben der Studierenden durchzusetzen, nicht schafft, dann darf es eine:n nicht wundern, wenn immer weniger Studierende sich für ihre Interessensvertretung interessieren. 

Wir kandidieren bei den ÖH-Wahlen, um eine ÖH zu schaffen, welche sich nicht nur FÜR die Studierenden einsetzt, sondern MIT ihnen kämpft. Wir wollen, dass die ÖH mehr als nur eine Servicestelle wird, sondern ihre beachtlichen Ressourcen, ihre Reichweite dafür einsetzt, eine aktive und kämpferische Studierendenbewegung aufzubauen. Auf dieses Kernziel muss sich die ÖH fokussieren, und nicht wie bisher nur auf offizieller Ebene linke Szeneerscheinungen replizieren.