„Hören Sie auf, Europapolitikern zu glauben. Hören Sie erst recht auf, Wirtschaftsforschungsinstituten zu glauben“ schreibt, der Sozialpsychologe Harald Welzer im Artikel „Rettung der Welt. Was Sie sofort tun können“ auf faz.net
Sie haben gelogen, dass sich die Balken gebogen haben. Wer? Die Politiker in der EU und Österreich – und auch die so genannten Wirtschaftsexperten. Wann? Damals, als sie uns die EU und den Euro als Schlüssel zu Wohlstand und sozialer Sicherheit angepriesen haben.
Heute sind dieselben Leute wieder da. Und sie sagen, dass wir mit Lohnverzicht, Sozialabbau und riesigen Milliardensummen den Euro „retten“ müssten, sonst würde dies schreckliche Folgen haben.
Schutzschirm?
Ein Schutzschirm wird aufgespannt. Für wen? Für Griechenland, Irland, Portugal oder Spanien, sagen sie. Das stimmt aber nicht: Es ist ein Schutzschirm für die europäischen Großbanken.
Der linke EU-Experte Andreas Wehr hat analysiert: Nach Irland verliehen ausländische Banken 731 Milliarden Dollar, nach Griechenland 175 und nach Portugal 235. In Spanien wurden 876 Milliarden Dollar angelegt. Auch nach Osteuropa floss viel Geld (auch aus Österreich), immer auf der Suche nach besseren Profitmöglichkeiten. Die Ergebnisse sieht man heute: In Griechenland und Portugal hat sich der Staat hoch verschuldet. Im Baltikum meldeten Zehntausende Unternehmen und Privatpersonen Insolvenz an. In Irland und in Spanien entstanden riesige Immobilienblasen, die gleich am Beginn der Krise platzten.
Belastungspakete für Großbanken
Es sind vor allem die Kreditgeber aus Kerneuropa, die Banken, Versicherungen und Pensionsfonds – auch aus Österreich –, die heute um diese Gelder fürchten. Bei der Eintreibung dieser Außenstände stehen ihnen ihre Regierungen zur Seite. Berlin, Paris und London üben mit Hilfe der Europäischen Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF) massiven Druck auf die Defizitländer aus, eine strenge Sparpolitik zu befolgen. Verlangt werden drastische Absenkungen der Sozialleistungen, radikale Kürzungen bei den Löhnen im öffentlichen Sektor, weitere Deregulierungen der Arbeitsmärkte, Anhebungen des Renteneintrittsalters und die Beseitigung jeglicher den Wettbewerb hemmender Beschränkungen.
Österreich macht mit: Die Belastungspakete von Bund, Land und Gemeinden gehören zu diesem Bankenrettungspaket. In der aktuellen Krise sind viele Lügen der Meinungsmacher geplatzt: Die EU schützt nicht vor der Krise, der Euro ist keine sichere Währung, die Wirtschafts- und Währungspolitik der EU gefährdet Arbeitsplätze und bringt das gesamte Sozialsystem in Gefahr. Trotzdem machen die Herrschenden weiter. Sie sind in Wirklichkeit die Befehlsempfänger der Großbanken. Und die EU ist ein Mechanismus, der die Interessen der Großkonzerne und der Banken gegen die Mehrheit der Bevölkerung in Europa durchdrückt.
Das jüngste Beispiel: Der EU-Vertrag wird in einem entscheidenden Punkt geändert: Die Hilfspakete für die Banken werden in die Verfassung aufgenommen. Die Bevölkerung darf nicht abstimmen. Die KPÖ unterstützt die Proteste in Griechenland, Frankreich, Portugal oder Irland gegen den Sozialabbau. Wir fordern, dass diejenige für die Kosten der Krise zahlen sollen, die sie verursacht haben: Die großen Konzerne und die Banken! EU und Euro sind nicht die Lösung des Problems, sondern sie sind selbst das Problem.
1998: KPÖ Steiermark hat gewarnt
Unter dem Titel „Euro vertieft Spaltung in Arm und Reich!“ schrieb die steirische KPÖ 1998: „Die steirische KPÖ hält an ihrer Kritik am Euro fest. Die neue Währung dient vor allem den Interessen des westeuropäischen Finanzkapitals. Sie wird zu einer Anpassung der Sozialsysteme und der Lohnkosten nach unten führen. Das Abenteuer Euro muss von den arbeitenden Menschen bezahlt werden. Die Einheitswährung wird die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich noch vertiefen. Die Menschen, die jetzt der Europropaganda Glauben schenken, könnten noch böse Überraschungen erleben.“
(Presseaussendung der steirischen KPÖ vom 31. 12. 1998)