Alltagsg’schichten
Miriam H. sitzt mit ihrem Mann beim Abendessen und erklärt niedergeschlagen, dass sie heute gekündigt wurde. Ihr Mann klopft ihr auf die Schulter und meint überraschend unbesorgt: „Sieh’ es doch positiv! Jetzt hast du endlich mehr Zeit für deine Kinder und bleibst einfach zu Hause. Du hast ja schon lange genug eine Karriere gehabt. Ich verdiene sowieso für uns beide.“ Miriam denkt eine Jahr zurück, als ihr Mann arbeitslos war. Nie im Leben wäre ihr eingefallen ihn zum Vollzeit-Hausmann zu machen, wenn er doch eigentlich arbeiten wollte.
Jelena B. ist alleinerziehende Mutter und arbeitet 20 Stunden als Verkäuferin. Eigentlich dachte sie, sie wäre auf diese Art flexibel und könnte Beruf und Kindererziehung leichter unter einen Hut bringen. Doch die Flexibilität hat vor allem Vorteile für ihren Chef. Sie muss einspringen, wann sie gebraucht wird, und das für einen Lohn der selten bis zum Monatsende und noch seltener für eine Kinderbetreuung reicht. Aufstiegschancen hat sie so gut wie keine. Als 20-Stunden-Kraft und Mutter steht sie auf der Beförderungsliste weit unten.
Pınar K. hat die Pflichtschule endlich beendet und überlegt eine Lehre zur Tischlerin zu machen. Ihre Eltern raten ihr davon ab: „Werde doch Frisörin, das ist ein richtiger Beruf für Mädchen!“ Auf Pinars Hinweis, dass man in sogenannten „Mädchenberufen“ viel weniger verdiene, erwidern beide verdutzt: „Das ist doch normal… Was willst du denn dagegen tun?“
Weniger Geld, weniger Macht. …weniger wert?
Männer und Frauen: Auf dem Papier gleichberechtigt, gibt’s in der Realität für Frauen ein 23,9% kleineres Bruttojahreseinkommen bei Vollzeitbeschäftigung. Und ein 40% kleineres, rechnet man noch die vorwiegend unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung mit ein.
Warum überhaupt Teilzeit? Neben Hausarbeit und Kinder- sowie Angehörigenbetreuung bleibt nicht mehr viel Zeit fürs Geldverdienen. Dabei sind Frauen nicht die einzigen, die sich um einen Haushalt kümmern können. Ein Geschlecht ist nicht ausschlaggebend, ob jemand kochen oder Windel wechseln kann. Dennoch ist die Rollenverteilung eindeutig: Mann verdient die Brötchen, Frau bestreicht in der Küche die Brötchen. Natürlich mit der Begründung ,,das war schon immer so und funktioniert doch gut.”
Zudem werden Berufe, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, als weniger wert betrachtet. Diese Niedriglohnbranchen, wie Handel oder Gastronomie, sind ebenfalls ausschlaggebend für die niedrigeren Einkommen von Frauen. Berufe in den beiden oben genannten Branchen sind gemeinhin als „Frauenberufe“ bekannt und akzeptiert: Verkäuferin, Kellnerin, Friseurin aber auch die im Büro sitzende Sekretärin gehören dazu.
Frauen sieht man weit weniger oft in Führungspositionen als Männer und obwohl man hier Gleichberechtigung bezüglich Lohn und Gehalt erwarten könnte, ist hier der Unterschied am größten.
Die ökonomische Benachteiligung und die Rollenaufteilung sind aus einer menschlichen Sicht total unlogisch. Aus der Unternehmenssicht nicht: Es bringt Vorteile, wenn man eine Gruppe von Arbeitenden (Frauen) noch schlechter entlohnen kann, als man es ohnehin schon bei Männern tut.
Wir fordern, was eigentlich selbstverständlich sein sollte:
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
Finanzielle Aufwertung und Gleichstellung von frauentyptischen Berufen!
Flachendeckende Einrichtung kostenloser Kinderbetreuungsstätten mit passenden Öffnungszeiten!
Außerdem: Emanzipatorische, geschlechtssensible Erziehung in Kindergarten, Schule und Lehrausbildung sowie Einsparungsstopp und mehr Förderungen für Mädchen- bzw. Frauenberatungsstellen und für Frauenhäuser.
Doch das allein wird nicht die endgültige Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bewirken. Der in Österreich stark geprägte Mutterkult, die Einteilung in „Frauen- und Männerberufe“ und andere Stereotype und Rollenbilder: Sie sind werden uns von klein auf beigebracht und als akzeptabel gelehrt.
Die Gleichstellung und Eingliederung von Frauen ins Arbeitsleben ist der erste und wichtigste Schritt, dieses Muster zu durchbrechen. Doch das eigentliche Ziel ist ein es, besseres Gehalt und bessere Lebensumstände für alle, das heißt, Frauen und Männer gleichermaßen zu erkämpfen. Das werden wir nur gemeinsam erreichen können!
Werde Teil der Generation Widerstand!
Mach mit bei uns und organisiere dich in der Gewerkschaft!
Denn gemeinsam sind wir stärker!