Von Peter Wolter

Aller Voraussicht nach wird Ende kommender Woche eine weitere Flottille von Schiffen mit Hilfsgütern für Palästina versuchen, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Ein ähnlicher Versuch im vergangenen Jahr war von der israelischen Marine blutig beendet worden: In internationalen Gewässern kaperten Soldaten die sechs Schiffe und erschossen auf der »Mavi Marmara« neun Türken. Zahlreiche Menschen wurden außerdem verletzt. Etwa 750 Aktivisten wurden gefesselt an Land gebracht und dann abgeschoben.

Ein türkisches Schiff wird dieses Mal allerdings nicht dabeisein. Bolant Yilderim, Vorsitzender der muslimischen Hilfsorganisation ISS, wurde am gestrigen Freitag von der israelischen Zeitung Jediot Aharonot mit den Worten zitiert: »Wegen technischer Probleme wird die Mavi Marmara dieses Mal nicht auslaufen, und das tut uns sehr leid. Dennoch werden zehn andere Schiffe aus verschiedenen Ländern in See stechen.« Die technischen Probleme sind nach Ansicht von Beobachtern allerdings wohl eher diplomatischer Natur: Die Türkei möchte angesichts der Unruhen im Nachbarland Syrien jede weitere politische Komplikation vermeiden.

Schiffe aus vielen Nationen

Nebulös ist zur Zeit noch, welche Schiffe unter welcher Flagge fahren. Das »Steering Committee« der Hilfsaktion hält sich mit präzisen Informationen zurück – sicherlich auch, um Störmanöver durch diplomatische Rücksichtnahmen oder Sabotageakte des israelischen Geheimdienstes zu erschweren. Möglicherweise wird auch ein Schiff dabeisein, das von deutschen Palästina-Aktivisten organisiert wurde– ein 34 Meter langes »Pleasure boat«, das in Manchester erworben wurde und ursprünglich von Hamburg, jetzt aber von Schottland aus starten soll.

Die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft konzentriert sich auf die »Tahrir«, die mit 45 Passagieren und fünf Mann Besatzung vermutlich von einem griechischen Hafen starten wird. Das Schiff ist mit Australiern, Kanadiern, Dänen und Belgiern besetzt und wird mit Spenden aus diesen Ländern sowie aus Deutschland finanziert. Laut New York Times wird auch ein US-Schiff dabeisein: die »Audacity of Hope« – »Kühnheit der Hoffnung«, in Anspielung auf ein gleichnamiges Buch von US-Präsident Barack Obama. Mit großer Sicherheit werden auch ein spanisches, ein griechisch-schwedisches, ein norwegisches, ein irisches sowie ein französisches Schiff zur Flotte gehören. Wie im vergangenen Jahr werden auch dieses Mal Prominente sowie Parlamentarier an Bord der Flottille sein– u.a. der schwedische Schriftsteller Henning Mankell.

Obwohl Tel Aviv im vergangenen Jahr nach dem brutalen Überfall auf die Hilfsflottille weltweit kritisiert wurde, scheint dessen Marine nicht vor einer Wiederholung zurückzuschrecken. Der Rundfunk der israelischen Streitkräfte berichtete vergangene Woche über Seemanöver, bei denen das schnelle Kapern von Handelsschiffen geübt wurde.

Gewaltlosigkeit als Prinzip

Alle beteiligen Organisationen, die sich dem »Free Gaza Movement« (Bewegung zur Befreiung von Gaza) zurechnen, bestehen darauf, daß ihre Aktionen der Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung gelten, daß sie keinerlei politische Partei oder Organisation unterstützen. In einem Grundsatzpapier heißt es u.a.: »Wir sind uns darin einig, daß für uns sowohl in Worten als auch in Handlungen das Prinzip der Gewaltlosigkeit und des gewaltlosen Widerstandes gilt.« Unterstützt wird die Flottille auch von den »Europäischen Juden für einen gerechten Frieden« – einer Dachorganisation von 16 jüdischen Friedensgruppen aus acht Ländern.

Für die Teilnehmer der Aktion, die u.a. Medikamente und Krankenhausmaterial transportiert, ist die Aktion mit Risiken und Opfern verbunden: Abgesehen von der Gefahr, verletzt oder gar getötet zu werden, wird bei einer Kaperung auch jedes persönliche Eigentum verloren sein. Teilnehmer des vergangenen Jahres berichteten, daß auch Handys, Kameras, Laptops und Datenträger beschlagnahmt wurden. Auch Kreditkarten – die letzte Spur dazu waren Abhebungen größerer Summen von Israel aus.

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