Ich möchte so nicht mehr studieren und bald kann ich es auch nicht mehr.

Der Politikwissenschaftsstudent Niklas spricht mit seinem folgenden Erfahrungsbericht wahrscheinlich vielen von uns aus dem Herzen, wenn er beschreibt, wie gut das Distance Learning sich mit den altbekannten Problemen an der Uni Wien kombiniert.

Ich möchte so nicht mehr studieren und bald kann ich es auch nicht mehr.

Als die Corona-Pandemie begann, war nicht wirklich klar, wie Studieren jetzt funktionieren soll. Deswegen hatte ich noch „Verständnis“ dafür, dass ich zunächst keine Bücher aus den Bibliotheken ausborgen konnte um meine Arbeiten fertig zu schreiben. Als das folgende Semester dann aber immer noch im Distance Learning „funktionierte“, verstand ich, dass die Uni Wien nichts unternommen hatte, um den Unterricht in dieser Situation zumindest punktuell aufzuwerten.

Ich fand mich in Vorlesungen wieder, die daraus bestanden, dass der Vorlesende sich dabei filmte, wie er ein Skript abgelesen hat, sein Handy läutete und seine Katze ins Bild hüpfte. Erst nach geraumer Zeit wurde die VO dann überhaupt live gestreamt, so dass Rückfragen möglich waren, davor mussten wir uns mit Videos begnügen – eine Präsentation, Stichworte am Bildschirm oder ähnliches gab es nie, stattdessen machte der Vortragende eine Dokumentation zum prüfungsrelevanten Stoff, die war dann wenigstens bebildert. Letztlich wären die auflockernden Elemente aber ohnehin egal gewesen, da die abschließende Prüfung so konzipiert war, dass Inhalte des Skripts in exakt der Formulierung als Antworten verfasst werden mussten. Die Multiple Choice Fragen waren so irreführend gestellt, dass bei einer Handvoll Fragen eine oder zwei solcher „Fallen“ mit einem 5er enden würden. Ich bestand zwar, jedoch fragte ich mich schon, was diese Fleißübung in einem Themengebiet wie Zeitgeschichte bringen sollte. Einer Kollegin wurde beim selben Vortragenden ein 5er eingetragen, den er später ausbesserte, weil es wohl ein Irrtum war – ohne Nachfrage hätte sie noch einmal antreten müssen. Eine andere Vorlesung fand erst gar nicht statt. Zumindest bleibt mir nichts anderes über zusagen, da der Lehrende lediglich wöchentliche Skripten online stellte und irgendwann einen Prüfungstermin „anbot“. Ein Seminar wurde „aufgrund von Corona“ so zusammengestaucht, dass für die statistische Übung nur mehr 45 Minuten wöchentlich zur Verfügung standen, Hausübungen und Lernziele mussten in dieser kurzen Zeit verstanden werden, doch zum Glück wurde auf YouTube Videos verwiesen. Frustriert hat mich ebenso, dass ich seit einem Jahr immer wieder in Seminare komme, die ich nicht machen wollte, einfach weil der Platz nicht reicht, dieses Anmelde-, bzw. Punktevergabesystem der Uni Wien ist deprimierend. Inhaltlich störte mich so einiges an diesen Semestern, das ist aber nicht die schuld der Pandemie, sondern die Problematik des eurozentristischen und poststrukturellen Politikwissenschaft Studiums in Wien.

Für diese Erfahrungen zahlte ich über 726 Euro. Zum Glück bedankt sich die Direktorin per Mail für unser Durchhaltevermögen.