Von Tibor Zenker

Der Begriff Faschismus bezeichnet eine besondere bürgerliche Herrschaftsform im Zeitalter des Imperialismus (Monopolkapitalismus). Der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff (1882-1949) nannte 1935 den Faschismus an der Macht die „offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, der am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ – Aus dieser Definition lassen sich die bedeutendsten Merkmale des Faschismus ableiten.

1. Der Klassencharakter des Faschismus ist nicht einfach ein bürgerlicher, sondern, genauer, ein finanzkapitalistischer oder monopolkapitalistischer. Der Faschismus bedeutet nicht die Herrschaft der gesamten Bourgeoisie, sondern die oligarchische Herrschaft des Finanzkapitals oder der Monopolbourgeoisie bzw. der aggressivsten Teile derselben. Unter dem Begriff Finanzkapital ist das miteinander verwachsene, monopolistische Großkapital in Industrie, Banken und Handel sowie der damit verbundene Großgrundbesitz zu verstehen. Damit ist gleichzeitig gesagt, dass der Faschismus erst im Zeitalter des Imperialismus auftritt, mit dem die Herausbildung der Monopole und des Finanzkapitals verbunden ist.

2. Vor diesem Hintergrund existiert eine direkte ökonomische Grundlage des Faschismus. Das Finanzkapital ist gezwungen, nicht nur einfache Durchschnittsprofite zu realisieren, sondern Monopolprofite, die – über die „normale“ kapitalistische Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung hinaus – quasi eine Tributpflichtigkeit der gesamten nichtmonopolistischen Bevölkerung (inklusive der kleinen und mittleren Bourgeoise, der Bauernschaft) verlangen. In Ergänzung zu und als ungestörte Gewährleistung dieser ökonomischen Vorherrschaft strebt das Finanzkapital auch nach politischer Alleinherrschaft, da im Rahmen der bürgerlichen Demokratie beschränkte Abwehrmöglichkeiten der nichtmonopolistischen Gesellschaftsteile bestehen bleiben – deswegen hat das Finanzkapital per se einen demokratiefeindlichen Charakter. Die ökonomische Grundlage des Faschismus entspringt also den Bedingungen des Imperialismus selbst. Der Faschismus ist daher auch keine zufällige Erscheinung im Imperialismus, sondern dessen ureigenstes und folgerichtiges Produkt, die äußerste Konsequenz des aggressiven und repressiven Wesens des Finanzkapitals und dessen Drangs nach Reaktion und Gewalt, auf Basis seiner eigenen ökonomischen Existenzbedingungen.

3. Dieser Drang nach Reaktion und Gewalt und nach politisch unbeschränkter Alleinherrschaft des Finanzkapitals nimmt aber erst ab einem bestimmten historischen Zeitpunkt faschistische Gestalt an – es gibt also weitere, unmittelbare Voraussetzungen für das Auftreten des Faschismus. Diese sind markiert durch den Eintritt des Kapitalismus ins Stadium seiner allgemeinen Krise. Diese allgemeine Krise beginnt mit dem Ersten Weltkrieg, wird durch dessen Auswirkungen, insbesondere durch die Gründung der UdSSR, vertieft und dauert bis heute an; sie ist festzumachen an der damit begonnenen Epoche sozialistischer Revolutionen, antiimperialistischer Befreiungskämpfe und imperialistischer (Welt-)Kriege – kurz: am Anwachsen der Widersprüche des Imperialismus. Die allgemeine Krise des Kapitalismus ist eine allseitige und existenzielle Systemkrise, dementsprechend tritt der Faschismus als sowohl defensive als auch offensive neue Qualität finanzkapitalistischer Herrschaftssicherung auf.

4. In diesem Sinne erfüllt der Faschismus bestimmte Funktionen, verfolgt gewisse Ziele und bedient sich besonderer Methoden. Auch diese können wir aus der eingangs zitierten Definition Dimitroffs ableiten: (a) Der Faschismus ist die offene Diktatur im Gegensatz zur verdeckten des bürgerlich-demokratischen Parlamentarismus. (b) Der Faschismus ist Terrorherrschaft im Gegensatz zum Rechtsstaat. Er will nicht nur Unterdrückungs-, sondern Vernichtungsdiktatur sein. (c) Die Ausrichtung der faschistischen Diktatur ist besonders reaktionär, d.h. nicht nur antiliberal, sondern vor allem konsequent und möglichst eliminatorisch, antimarxistisch, antisozialistisch und antikommunistisch, eben auch antizipiert konterrevolutionär; das zunächst vorrangigste Ziel des Faschismus ist die Vernichtung der (revolutionären) ArbeiterInnenbewegung, d.h. insbesondere der kommunistischen Organisationen. (d) Der Faschismus stützt sich zumeist auf einen überaus chauvinistischen Nationalismus, im Inneren wie nach außen; er maximiert die nationale Unterdrückung und impliziert oft rassistische Facetten. (e) Der Faschismus steht für aggressive Außenpolitik, nicht nur diplomatischer, sondern v.a. ökonomischer und gegebenenfalls militärischer Natur, wobei dies in seiner Intensität immer nach Maßgabe der regionalen und globalen Stärke des betreffenden Staates zum Ausdruck kommt; immer eng verbunden mit dem Faschismus ist der Militarismus.

5. Aus diesem Wesen des Faschismus ergeben sich auch die Eckpunkte einer strategischen antifaschistischen Organisierung. Das zentrale Angriffsziel des Faschismus ist die ArbeiterInnenbewegung; daraus folgt, dass unbedingte Voraussetzung einer erfolgreichen antifaschistischen Bewegung im Kern die Aktionseinheit der proletarischen Organisationen, der SozialdemokratInnen, SozialistInnen und KommunistInnen sein muss, also die proletarische Einheitsfront. Die weiteren Angriffsziele des Faschismus betreffen die Demokratie und den Rechtsstaat im Allgemeinen sowie den Frieden; außerdem unterdrückt der Faschismus aufgrund seines ungehemmt durchdringenden finanzkapitalistischen Klassencharakters breiteste Bevölkerungsschichten, deutlich über die ArbeiterInnenklasse hinaus, nicht nur politisch, sondern auch verstärkt ökonomisch und sozial. Daher ist es das Ziel der konsequentesten antifaschistischen Kräfte, der proletarischen Einheitsfront, ein antifaschistisches Bündnis zu schaffen mit allen nichtmonopolistischen Klassen und Schichten der Bevölkerung, die – ob für sie bewusst oder (noch) nicht – objektiv im Gegensatz zum Finanzkapital im Allgemeinen und zum Faschismus im Besonderen stehen. Ein solches Bündnis gegen faschistische Repression und Aggression, für Demokratie, Frieden, Selbstbestimmung, soziale und humanitäre Rechte wird als antifaschistische Volksfront bezeichnet.