Nach monatelangem Ringen um die Sicherstellung der Uni-Finanzierung  hat die Unsicherheit für die Universitäten zwar vorerst ein Ende. Die mit der Budgetrede vom 21. April erlangte Klarheit ist jedoch auch mit  großer Ernüchterung über das Unibudget seitens der Uniangehörigen verbunden, weil die gehegten Befürchtungen schließlich (und wenig überraschend) eingetreten sind. Nicht einmal die ungewöhnliche Allianz aus ÖH und Universitätenkonferenz konnte allzu tiefe Einschnitte abwenden. Dabei wäre der Sache dienlicher, wenn Wissenschaftsminister Johannes Hahn Federn lassen würde, nicht das Unibudget.

Zwei Prozent des BIP bis 2020 ad acta gelegt

Ein kurzer Rückblick zeigt, dass man sich von der Strategie einer langfristigen Aufstockung der Mittel für die tertiäre Bildung auf  zwei Prozent des BIP bis zum Jahr 2020 (derzeit 1,3 Prozent), wie vor der Nationalratswahl letzten Jahres verfolgt, immer weiter distanziert hat: War im Koalitionsübereinkommen der aktuellen Regierung  zwar noch von diesem Plan und einer deutlichen Erhöhung der Uni-Finanzierung die Rede, verließ die Große Koalition jedoch den Budgetpfad und verabschiedete sich damit vom zeitlichen Rahmen und der eigentlichen Sinnhaftigkeit der Finanzmaßnahme. Denn damit ist das Budgetziel auf unbestimmt verschoben, anachronistisch in einer Situation angespannter Unibudgets wo die Universitäten  das Geld dringend brauchen.

Unibudget deutlich nach unten korrigiert

Die Unis konnten in den Verhandlungen mit dem Wissenschaftsministerium zunächst zwar eine Zusage abringen,  400 Mio. Euro mehr pro Jahr für die teritäre Bildung und ingesamt 1,65 Mrd. Euro zusätzlich für die nächsten drei Jahre für die Universitäten aufzuwenden (wobei die Inflationsabgeltung damit noch zu bewältigen ist). Statt die hart umkämpfte Uni-Finanzierung umzusetzen, unterbietet jetzt das Ministerium die erwarteten Mittel noch. So beläuft sich die tatsächliche Erhöhung des Budgets auf 40 Prozent in den nächsten fünf Jahren für die Universitäten, das sind durchschnittlich nur 355 Mio. Euro pro Jahr. Mit  Abstrichen in der Höhe von rund 50 Mio. Euro ist somit das ursprüngliche Budgetziel deutlich außer Reichweite. Von der zweistelligen Steigerung des Uni-Budgets, über die Jahre gesehen, bleibt nur eine bescheidener finanzieller Zuwachs.

Die ÖH hat diesbezüglich nachgerechnet, mit dem Ergebnis, dass das eigentliche Budgetziel nur dann zu erreichen wäre, wenn es zu einer kontinuierlichen Aufstockung um 400 Mio. (statt 355 Mio.) im Jahr 2010, 2011 um 600 Mio. (statt 370 Mio.) und 2012 um 800 Mio. (statt 391 Mio.) Euro kommen wird.

Zusätzliche Belastungen

Die finanzielle Situation verschärft sich für die Universitäten zusätzlich mit dem Entfall der Studiengebühren und einem Entgang von geschätzten 150 Mio. Euro. Laut Hahn soll es zwar eine Refundierung der weggefallenen Studiengebühren an die Universitäten geben, die sich  an der Zahl der „aktiven“ Studierenden (was immer der Wissenschaftsminister darunter versteht) orientiert.  Wie die konkrete Umsetzung aussehen soll, bleibt aber im Dunkeln.

Auch die grundsätzlich zu begrüßende Reform des Kollektivvertrags für das Unipersonal verlangt den Universitäten zusätzliche Investitionen ab. Dabei ist die Finanzierung dieser Maßnahme alles andere als abgesichert, denn das Ministerium plant,  in zwei Jahren die Mittel seitens des Bunds ganz auszusetzen,  wodurch eine Lücke von 80 Mio. entstehen wird.

Unüberbrückbare Finanzlücken bei Forschungsförderung

Dieses Schicksal teilen die Universitäten mit der Forschung. So ist die Finanzierung der Forschungsförderungsorganisationen, wie des Wissenschaftsfonds (FWF) und der  Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) auch nicht gesichert. Die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung belaufen sich insgesamt auf 3,4 Mrd. (für 2009) und 3,74 Mrd. (für 2010), wobei  der   Wissenschaftsfonds FWF nun alleinig dem Wissenschaftsministerium zugeordnet ist. (davor erhielt der Fonds auch Zuwendungen aus dem Infrastrukturministerium). Damit klafft etwa im Budget des Forschungsförderungsfonds eine finanzielle Lücke 70 Mio. Euro. Doch gerade für diese Institutionen der außeruniversitären Forschung ist Planbarkeit unabdingbare Voraussetzung, ansonsten  können sie ihre Aufgabe der Förderung von wissenschaftlichen Projekten und die damit verbundenen längerfristigen Verpflichtungen kaum erfüllen. So sind sie nach eigenen Angaben „ohne zusätzliche Mittel über ihr Grundbudget hinaus praktisch nicht handlungsfähig“. Das ist bitter, denn die Bedeutung dieser Insitutionen  liegt eben nicht zuletzt darin, NachwuchswissenschaftlerInnen zu beschäftigen. Dies dient vielen  Studierenden als Voraussetzung für das  Absolvieren eines Doktorats und als Einstieg in die wissenschaftliche Laufbahn. Leider wird somit die Auseinandersetzung wie so oft auf dem Rücken der Schwächsten in der Uniorganisation,  den JungakademikerInnen, ausgetragen.

Ausbau statt Einsparung!

Die Universitäten und ihre Leitung sind indes nicht zu beneiden, müssen sie den Mangel doch verwalten: Zwangläufig führt die chronische Finanzknappheit  zu einer Reduktion des Leistungsangebots der Universitäten und zum Abbau von (Lehr-)Personal. Beides bedeutet erst recht wieder Sparen auf Kosten des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Das Gegenteil aber sollte politische Priorität sein, nämlich die großen Themen universitärer Entwicklung in den Blick zu nehmen:  Nur mit einem Ausbau der Universitäten in Hinsicht ihrer Studienplätze,  Lehrkapazitäten, Infrastruktur und der Forschung, können bessere Studienbedingungen und eine Verbesserung der Lehrqualität verwirklicht werden. Natürlich muss man für Reformen auch das nötige Geld in die Hand nehmen.

Bekenntnis zur Universität als öffentliche Institution

Der fiskalpolitische Grundsatz müsste lauten, dass für die geforderten Kapazitäten auch die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden. Auch wenn die sogenannte Uni-Autonomie oft vorgeschoben wird, um berechtigten Forderungen der Universitäten nicht nachzukommen, muss das Wissenschaftsministerium letztlich in die budgetpolitische Pflicht genommen werden und sich zur Uni-Finanzierung bekennen. Denn Hochschulbildung ist schließlich ein öffentliches Gut und liegt im Interesse der Allgemeinheit, ist also ein Gewinn für die Gesamtgesellschaft und die ganze Volkswirtschaft, auch wenn dies in den Köpfen der politischen EntscheidungsträgerInnen noch nicht angekommen zu sein scheint.
In einer solchen tristen Situation gibt es auch keinen Grund für  ÖH-Vorsitzenden Samir Al-Mobayyed (Aktionsgemeinschaft), sich selbst Rosen zu streuen, indem er in einer Presseaussendung den „Erfolg der konstruktiven ÖH-Arbeit“ bezüglich der Aufstockung des FH-Budgets lobt.  Das erscheint mehr als euphemistisch, denn gerade die FH-Finanzierung ist ja  symptomatisch für österreichische Hochschulpolitik: Da läßt man doch keine Gelegenheit aus, die Erfolgsgeschichte der FHs in den höchsten Tönen, auch ganz zurecht, zu loben, und drückt sich gleichzeitig um die Finanzierung.

Für eine starke, widerständige ÖH

In Wirklichkeit ist das Letzte, was die Studierenden sich jetzt leisten können, eine zahnlose ÖH-Spitze, die ohnehin nicht handlungsfähig ist und noch dazu finanzielle Einschnitte, die die Universitäten selbst aufs heftigste  kritisieren, einfach hinnehmen. Wir aber wollen eine starke und widerständige ÖH, die sich voll und ganz für die Rechte der Studierenden einsetzt und als ernst zunehmender politischer Faktor ein Gegengewicht zur bildungsfeindlichen Politik bildet. Dass eine allzu enge und parteipolitisch geprägte Achse aus ÖH-Vorsitz und Ministerium kontraproduktiv ist, läßt sich auch bestens an der Haltung zum E-Voting ablesen.
Insgesamt betrachtet ist jedoch auch Fatalismus unangebracht, denn es besteht noch Hoffnung, zumal  davon auszugehen ist, dass sich die Universitäten damit nicht zufrieden geben und noch nachverhandeln werden.  So finden Ende Mai nicht nur die ÖH-Wahlen statt, sondern auch der Start der Gespräche über Leistungsvereinbarungen zwischen Ministerium und den Rektoraten, wo es um den leistungsabhängigen Teil der Budgetierung gehen wird. Vielleicht hilft es den Verantwortlichen    sich eine alte KSV- Weisheit vor Augen zu halten: Wenn man heute an der Bildung spart, hat man morgen noch schlechtere PolitikerInnen.