Das Interview führte Katharina Stern.

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Der KSV kandidiert wieder bei den ÖH-Wahlen vom 26. bis zum 28. Mai an der Uni-Graz. Welche Probleme greift ihr im Wahlkampf auf?

Sahar Mohsenzada: Zentral ist für uns die ersatzlose Abschaffung der Studiengebühren. Die jetzige Regelung ist nicht nur völlig undurchsichtig sondern verursacht auch einen verwaltungstechnischen Mehraufwand, der seinesgleichen sucht.
Jakob Matscheko: Weitere Einschnitte in den freien Hochschulzugang stehen uns noch bevor. So liegen beispielsweise schon die Pläne für Zugangsbeschränkungen im Master- und Doktoratsstudium in den Schreibtischladen des Ministeriums. Die ÖH muss hiergegen mit ganzer Kraft vorgehen.
Sahar: Die Zugangsbeschränkungen sind leider nicht das einzige eklatante Übel. Es gibt schon lange nicht mehr ausreichend Studienplätze für alle, die studieren wollen. Viele Studierende kommen ohne eigenes Verschulden nicht weiter und verlieren dadurch Studien- und Familienbeihilfe. Weiters werden etliche ProfessorInnenposten nicht nachbesetzt, was bedeutet, dass Lehre im vollen Umfang nicht gewährleistet ist.
Um dem entgegen zu wirken, müssen die finanziellen Mittel für die Universitäten massiv aufgestockt werden.

Wie soll der Widerstand gegen weitere Verschlechterungen konkret aussehen?

Sahar: Derzeit sieht es leider so aus, dass die Uni oder die Regierung Verschlechterungen plant und die ÖH dagegen ist. Am Ende kommt es dann doch, in leicht abgeschwächter Form, während die ÖH über den Verhandlungserfolg jubelt. Wenn die Studierenden selbst bestimmen, gibt es keine faulen Kompromisse. Konkret wollen wir die verpflichtende Abhaltung von Studierendenversammlungen und regelmäßige Befragungen zu studienbezogenen Themen einführen. Auf der Meduni wurden so schon einige Fortschritte erzielt.
Jakob: Wir sind der Ansicht, dass deshalb das Hauptaugenmerk auf der Mobilisierung der Studierenden für ihre Interessen liegen muss. Die ÖH wurde und wird immer mehr zu einer reinen Serviceeinrichtung degradiert. So wichtig die Leistungen auch sein mögen, es kommt darauf an, mit den Studierenden Verbesserungen durchzusetzen. Die derzeitige, von der FLUG gestellte, ÖH-Exekutive lässt sich vom Rektorat auf der Nase herumtanzen. So unterstützt die ÖH mittlerweile auch die Geldverschwendungsaktion „Die siebente Fakultät“.

Darum geht es ja auch in der vom KSV initiierten Urabstimmung.

Sahar: Genau. Mit der Urabstimmung wollen wir erreichen, dass die Uni das Geld nicht für derlei Prestigeprojekte zum Fenster hinaus wirft, während es in der Lehre hinten und vorne kracht. Bei der „siebenten“ Fakultät, zu deren Veranstaltungen kaum Studierende kommen, dreht sich alles um sündteure Buffets, überbezahlte Promi-ModeratorInnen, technische Special Effects und PR-Video Clips.
Jakob: Mit der Urabstimmung wollen wir eine Aufstockung der Seminar- und Laborplätze erreichen. Stattfinden wird sie zeitgleich mit den ÖH-Wahlen Ende Mai. Die notwendigen Geldmittel soll die Universität durch eine Kürzung der PR-Ausgaben auftreiben. Ein Punkt will auch einer Beteiligung der ÖH an derlei Unfug der Uni vorbeugen. Es ist blanker Zynismus, wenn sich die ÖH als gesetzliche Interessensvertretung der Studierenden angesichts der prekären Situation bei Labor- und Seminarplätzen an einer solchen Geldverschendung beteiligt.

In einem Artikel habt ihr E-Voting als einen „Angriff auf die Demokratie“ bezeichnet. Wo seht Ihr die Probleme?

Jakob: Nicht aus Zufall sprechen sich alle namhaften VerfassungsrechtlerInnen gegen E-Voting aus. Das Vertrauen in ein einwandfreies Wahlergebnis wird durch E-Voting massiv unterwandert, weil nur ExpertInnen nachvollziehen können, ob alles rechtmäßig verlaufen ist. Auf der Internetplattform www.papierwahl.at gibt der Wiener TU-Professor, Peter Purgathofer, unter anderem zu bedenken, dass Softwarefehler niemals ausgeschlossen werden können und E-Voting-Systeme außerdem anfällig für Manipulationen sind.
Sahar: Auch muss man bedenken, dass das Tamtam und die Werbekosten für die E-Voting-Kampagne Geld aus dem Bildungsbudget verschlingen, das viel besser bei den Universitäten aufgehoben wäre. Außerdem finde ich, dass Demokratie von der Symbolik der geheimen Wahl mit dem Einwerfen der Stimmzettel in die Urne lebt.

Unter der Losung „Vorgestern ist vorbei!“ tretet ihr auch gegen Burschenschaften auf.

Jakob: Deutschnationale Burschenschaften bilden den Kern der akademisch etablierten extremen Rechten und fungieren gleichzeitig als Bindeglied zwischen faschistischen Gruppierungen und wirtschaftlich-politischen Führungsebenen. Der britische Holocaust-Leugner David Irving wurde von jener Burschenschaft – der Olympia – zu einem Vortrag eingeladen, der auch Martin Graf, immerhin dritter Nationalratspräsident, angehört.
Sahar: Wir treten auf gegen die zunehmende Salonfähigkeit rechter Verbindungen und Burschenschaften und fordern ein stärkeres Vorgehen gegen die Verbreitung und Umsetzung antiquierter Ideen. Dass sich diese bei ihren Farbenbummeln in voller Faschingsmontur herumtreiben, ist peinlich. Entsetzlich finde ich, dass sich diese Rechtsextremisten in ihren Vereinsnamen „akademisch“ nennen dürfen.

Was sind eure Wahlziele?

Sahar: Das Hauptziel ist es, das bei den letzten Wahlen errungene Mandat zu halten. Wir hatten 2007 das beste Ergebnis in der Geschichte des KSV an der Uni-Graz, aber das Mandat ist nur mit wenigen Stimmen abgesichert.
Dringend von Nöten ist eine konsequente linke Kraft und nicht grüne, rosarote oder schwarze NeopolitikerInnen, die ihre ÖH-Tätigkeit als Aufwertung ihres Lebenslaufes oder als Rhetorikpraktikum sehen.
Natürlich geht es dabei nicht um den Erhalt des Mandats als Selbstzweck. Der KSV ist in vielen Fragen die treibende Kraft und übt eine Kontrollfunktion gegenüber den Großfraktionen aus. Als Kommunisten und Kommunistinnen verbinden wir unsere marxistische Grundhaltung mit der konsequenten Interessenvertretung der Studierenden.
Jakob: Das derzeitige Wahlsystem begünstigt die großen Fraktionen in der Mandatsverteilung, während es für kleinere kandidierende Gruppen schwierig ist, Mandate zu erreichen. Bei dieser Wahl wird sich die Frage stellen: Wer kommt in die UV – der rechte Ring freiheitlicher Studenten und sein Burschi-Anhang oder der KSV? Insofern sollten sich alle AntifaschistInnen überlegen, den KSV zu wählen. GRAS und VSStÖ bekommen durch die Begünstigung des Wahlsystems ohnehin ihre Sitze, der KSV braucht jede Stimme. Wer den RFS verhindern will, muss KSV wählen!

Vota Comunista!

Jakob Matscheko, 22, ist Vorsitzender und Spitzenkandidat des Grazer KSV und studiert Geschichte.
Sahar Mohsenzada, 24, geboren in Afghanistan und aufgewachsen in Klagenfurt, studiert Kunstgeschichte.