Sehr geehrte Frau Doktorin Neuper!

 

Wir, der Kommunistische StudentInnenverband (KSV), wenden uns an Sie als Rektorin unserer Universität, um unsere Besorgnis und unsere Verwunderung über zwei in unmittelbarer Vergangenheit an der Grazer Karl-Franzens-Universität abgehaltenen Veranstaltungen und deren Begleitumstände auszudrücken, und Sie gleichzeitig um eine Stellungnahme zu dieser Thematik zu bitten.

Am 8. Mai 2013 veranstaltete der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) im Hörsaal 15.03 einen Vortrag unter dem Titel „Marxismus: Zwischen Ideologie und Verbrechen“. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, hat diese Veranstaltung bereits im Vorfeld Protest ausgelöst, da der dazu geladene Vortragende Wolfgang Caspart vom „Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes“ (DÖW) dem rechtsextremen Milieu zugeordnet wird. Gleichzeitig publiziert besagter Vortragender regelmäßig in rechtsextremen Zeitschriften und veröffentlichte2007 einen Brief mit massiv rassistischen Äußerungen, wo MigrantInnen als„Auswurf der Welt“ bezeichnet werden. Erschwerend kam hinzu, dass der Vortrag ausgerechnet am Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus abgehalten wurde.

Dass Studierende einer Universität, die die Auseinandersetzung mit politischen und sozialen Entwicklungen sowie die gesellschaftliche Verantwortung in ihrem Leitbild trägt, dies nicht kritiklos aufnehmen würden,schien also vorgezeichnet.

Die Teilnahme von kritischen StudentInnen an diesem fragwürdigen Vortrag wurde jedoch über eine Stunde lang von einem externen Sicherheitsdienstunterbunden, der nur von Mitgliedern des RFS ausgewählten Studierenden den Zutritt zum Saal erlaubte und anderen diesen (auch unter Einsatz von Körpergewalt) verweigerte.

Neben der Tatsache, dass wir als KSV der Meinung sind, dass Vorträge dieser Art an sich und im speziellen die oben skizzierten Begleitumstände dem Ansehen der Karl-Franzens-Universität immensen Schaden zufügen, würden wir Sie weiters um die Beantwortung folgender Fragen bitten:

– Wer hat den Sicherheitsdienst gestellt und bezahlt?

– Wer gab dem Sicherheitsdienst den gesetzeswidrigen Auftrag,Studierenden den Zugang zum Hörsaal zu verbieten, obwohl die Veranstaltung gemäß Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 §4 (1) öffentlich sein hätte müssen?

Weiters löste bei uns eine Veranstaltung Verwunderung aus, die am 5. Juni2013 im Hörsaal 15.03 stattfand. Unter dem Titel „ESM – Weg zur Auflösung des Staates?“ wurde an der Universität ein Vortrag abgehalten, der von der ARGE Grazer Burschenschaften durchgeführt wurde. Diese setzt sich aus zum Teil einschlägig bekannten Organisationen zusammen, weshalb die Karl-Franzens-Universität unserer Meinung nach nicht zur Bühne einer solchen Vereinigung werden darf.

Im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung möchten wir folgende Fragen an Sie richten:

– Wieso genehmigt die Universität Graz der sich großteils aus rechtslastigen Organisationen    zusammensetzenden ARGE Grazer Burschenschaften die Benützung eines Hörsaales?

– Musste die ARGE Grazer Burschenschaften für die Benutzung des Hörsaales bezahlen?

 

Mit freundlichen Grüßen und der Bitte um Beantwortung unserer Fragen verbleibend,

Sara Noémi Plassnig

UV-Mandatarin der ÖH Graz