Das von der SPÖ gewünschte Berufsheer dient Einsätzen im In- und Ausland und wird weitere Geldmittel verschlingen, die dann im Bildungs- und Sozialsystem fehlen.

Das von der SPÖ gewünschte Berufsheer dient Einsätzen im In- und Ausland und wird weitere Geldmittel verschlingen, die dann im Bildungs- und Sozialsystem fehlen.

Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik steht im Jänner die allgemeine Wehrpflicht zur Disposition. Eine Volksbefragung soll darüber entscheiden, ob auch fortan junge Männer den Präsenz- oder Zivildienstdienst ableisten müssen, oder ob das österreichische Militär zu einem Berufsheer umgewandelt wird, wie von SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos gefordert.

Als die SPÖ noch aus der Geschichte lernte…

Die Positionen der Parlamentsparteien können angesichts der historischen Gegebenheiten und lange Zeit feststehenden ideologischen Standpunkte durchaus verwundern. Denn für die Sozialdemokratie war die Wehrpflicht jahrzehntelang gleichsam „in Stein gemeißelt“. Man verwies stets auf die Rolle des Berufsheeres während der Februarkämpfe 1934, als der aus den Reihen des Schutzbundes kommende antifaschistische Widerstand unter Einsatz äußerster Waffengewalt niedergeschlagen wurde. Diese Erfahrung, die den reaktionären Charakter eines dem Kapital verpflichteten Berufsheeres verdeutlichte, machte die Wehrpflicht zu einem der zentralen Elemente sozialdemokratischer Politik in Österreich. Doch als 2010 im Rahmen des Wiener Wahlkampfs Bürgermeister Häupl als Wahlzuckerl für unpolitische Jugendliche die „ Abschaffung des Zwangsdienstes“ zum Gebot der Stunde machte, schwenkt auch Darabos ein und übertraf sich seither fortwährend selbst mit Entwürfen neuer Heeres-Modelle, die allesamt alter Wein in neuen Schläuchen waren, also auf die allseits bekannte konservative Programmatik der Transformation in ein Söldnerheer hinausliefen.

Dass die Grünen ebenfalls keine fortschrittliche Position vertreten ist auch nicht weiter verwunderlich, ruft man sich das bedingungslose Eintreten dieser Partei für die imperialistische Zerschlagung Jugoslawien sowie der Befürwortung von NATO- Kriegen ins Gedächtnis. Dass jedoch gerade die ÖVP, der die Umwandlung der Wehrpflicht in ein schlagkräftiges Berufsheer früher gar nicht schnell genug konnte, sich plötzlich als Apologetin des allgemeinen Präsenzdienstes geriert, vermag doch zu erstaunen, wenngleich man hier eher opportunistische und taktische Motive vermuten darf, als einen tatsächlichen Meinungsumschwung. Die Rollen im politischen Spektrum sind wie wir sehen durchaus ambivalent, doch eines verbindet sie: Es sind allesamt keine linken Positionen. Wie also stehen Kommunistinnen und Kommunisten zur Heeresdebatte ?

Aufgabe des Bundesheers

Die Funktion einer Armee im bürgerlichen Staat besteht klarerweise darin, die Interessen der Eigentümer an Kapital durchzusetzen, also die herrschenden Klassenverhältnisse zu schützen und zu reproduzieren. Einerseits dienen die Heere der Repression nach innen. Sie soll im Falle eines Aufstandes oder revolutionärer Bestrebungen die kapitalistische Ordnung aufrechterhalten. Doch momentan ist der Dienst, den eine westliche Armee leistet, eher in ihrem Militarismus nach außen, also in imperialistischen Bestrebungen zu verorten. „Wie kann man Österreich als imperialistisch bezeichnen, wenn die immerwährende Neutralität doch eines der Grundfeste der 2. Republik darstellt ?“ ließe sich hier einwerfen. In der Tat war die Neutralität Österreich für die Aushandlung des Staatsvertrages mit der Sowjetunion in hohem Maße von Bedeutung. So heißt es nämlich in selbigem Dokument:

„Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.“ Und weiter :

„Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen.“

Doch wenn man die historischen Gegebenheiten analysiert, muss man feststellen, dass die in Sonntagsreden gern gehuldigte Neutralität in der Realität ein wenig anders aussah. Denn es wäre vermessen zu behaupten, dass sich Österreich im Wettstreit der Systeme ausgewogen verhalten hätte. Natürlich stand das Land von Anbeginn in der Einflusssphäre der kapitalistischen westlichen Ökonomien und stand der NATO näher als dem Warschauer-Pakt, wie man auch zwischen EG und RGW nicht auf gleicher Distanz blieb. Endgültig torpediert wurde das Neutralitätsgelübde mit dem Beitritt Österreichs zur NATO- Vorfeldorganisation „Partnerschaft für den Frieden“ und der Eingliederung in die EU. So beteiligt sich Österreich wie auch der Großteil der europäischen Staaten an der EU- Battlegroup, deren Ziel es ist, die imperialistischen Interessen der EU zunehmend auch ohne Hilfe der USA durchsetzen zu können, also militärische Interventionen à la Libyen im Alleingang zu besorgen. Doch was hat dies mit der Wehrpflicht zu tun?

Was ein Berufsheer „besser“ kann

Ein Berufsheer, dessen Soldaten allesamt im Sold des Staates stehen, ist gemäß seiner Aufgabe immer ausführende Gewalt der Befehle selbigen Staates und ihrem in der bürgerlichen Gesellschaft konstituierten Charakter nach, ein willfähriges Vehikel der imperialistischen Interessen. Denn während ein Wehrpflichtigenheer ihr Personal immer vorwiegend aus den Reihen der Arbeiterschaft also den unterprivilegierten Schichten rekrutiert, und damit das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse widerspiegelt, kann man dies von einem Berufsheer nicht behaupten. Somit ist auch klar, dass ein Militär, das hauptsächlich aus Menschen besteht, die sich den Interessen des Kapitals nicht verbunden fühlen, niemals in dem gleichen Maße für deren Zwecke instrumentalisiert werden kann wie ein Berufsheer.

Eine Armee aus Wehrpflichtigen ließe sich auch nicht so einfach für im großen Stil durchgeführte militärische Interventionen der EU einspannen, die nicht in allzu weiter Ferne liegen. Überdies wäre im Falle einer Entscheidung pro Berufsarmee, die umfassende Aushebelung der ohnehin bruchstückhaften Neutralität nur mehr eine Frage der Zeit. So hat die Abschaffung der Wehrpflicht in Schweden 2010 die von Kritikern befürchtete NATO-Annäherung und die Teilnahme an NATO- Auslandseinsätzen erwirkt- freilich unter dem Deckmantel der Friedenssicherung. Ein weiterer Faktor, den es zu bedenken gilt, ist jener, dass ein Heer sich auch immer gegen etwaige fortschrittliche Aufstände, die die soziale Ordnung verändern wollen, richten wird. In Zeiten des kriselnden Kapitalismus, der in seiner neoliberalen Gestaltung, viele Jugendliche, Arbeiter, Studenten und öffentlich Bedienstete durch die rigiden Sparprogramme zu Protesten veranlasst, ist auch die Rolle der Staatsgewalt eine entscheidende. Denn bei den rezenten Erhebungen gegen die Sparmaßnahmen wie beispielsweise in Spanien und Griechenland schritt die Polizei repressiv ein um eine Ausweitung der Proteste zu verhindern. Bei einer weiteren Zuspitzung der systemimmanenten Widersprüche und daraus resultierenden Aufständen, würde dann womöglich auch die Armee als „Gewalt nach innen“ fungieren um den Kapitalismus aufrechtzuerhalten.

Es versteht sich von selbst, dass sich ein Präsenzdiener bedingt durch seine soziale Stellung eher den Erhebungen anschließen würde und somit Befehle verweigern würde als ein Berufssoldat, der im Sold des bürgerlichen Staates befindlich ist. Doch die Wehrpflicht hat auch noch ganz aktuelle und konkrete Vorzüge: Sie kann als Demokratisierungselement wirken, da beim Heer alle Bevölkerungsschichten zusammenkommen und so ihrer gemeinsamen Interessen gewahr werden und mit den Lebensrealitäten der anderen konfrontiert werden. Auch sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, dass ein Berufsheer, wie sich in Belgien herausstellte, auch einer Unterwanderung durch rechtsextreme Kräfte anheimfallen kann und viele Menschen mit wirren Gesinnungen anzieht. Es ist wie Studien festgestellt haben, der Anteil von FPÖ-Anhängern bei Polizei und Berufssoldaten, so hoch wie nirgendwo sonst.

Die Wehrpflicht ist in der Praxis natürlich nicht in allen Belangen zufriedenstellend und es existieren viele Fehler, doch ihre Vorzüge können nur so interpretiert werden, dass bei der kommenden Volksbefragung ihre Beibehaltung notwendig ist.

Vier Mythen über das Berufsheer-Modell der SPÖ

(entnommen aus dem SPÖ-Folder zur Bewerbung des ‚Profiheers‘)

„Die Wehrpflicht ist nicht mehr zeitgemäß“

„Zeitgemäß“ ist ein Söldnerheer vor allem für Staaten, die Auslandskriege führen – siehe Deutschland, wo das System erst kürzlich umgestellt wurde. Die neutrale Schweiz hat weiterhin die Wehrpflicht.

„Ein Profiheer kostet dasselbe wie das derzeitige Bundesheer“

Experten gehen davon aus, dass das Berufsheer mindestens 200 Millionen € jährlich mehr kostet. Hinzu kommen bis zu 1,5 Milliarden für neue Ausrüstung und Zusatzkosten für entfallene Zivildienstleistungen. Richtig teuer wird es dann freilich bei Auslandseinsätzen, die durch ein Söldnerheer erleichtert werden sollen.

„Das Soziale Jahr kann den Zivildienst vollwertig ersetzen“

Derzeit verdienen Zivildiener um die 600 Euro, das soziale Jahr sollte mit 1.300 Euro monatlich entlohnt werden. Gleichzeitig behauptet die SPÖ, in Summe würde nicht mehr Geld ausgegeben. Das ist nur möglich, wenn insgesamt weniger Leistung erbracht wird.

„der volkswirtschaftliche Faktor…wenn junge Menschen ihre Ausbildung früher abschließen“

Bei derzeit über 300.000 Arbeitslosen in Österreich würde dieser „Faktor“ wohl darin bestehen, dass die Jugendarbeitslosigkeit weiter steigt, weil sich plötzlich fast doppelt so viele Jugendliche um dieselbe Anzahl an offenen Stellen streiten.