Modell des Kommunistischen StudentInnenverbandes umgesetzt: Einzahlung auf Treuhandkonto.

Einen “unbeugsamen Kampf” gegen Studiengebühren, die heute, Mittwoch, auch Thema der Koalistionsverhandlungen sind, kündigte die Bundesvertretung der Studierenden an. Am Freitag wurde ein Antrag von Philipp Funovits von der Fachschaftsliste der Uni Graz beschlossen, wonach die Studiengebühren ab dem Wintersemester 20072008 auf ein notariell verwaltetes Treuhandkonto eingezahlt werden sollen, sollte die dann amtierende Regierung sie nicht abgeschafft haben. Nehmen zu wenige Studenten am Boykott teil, werde man die Beträge fristgerecht vom Treuhandkonto an die Unikonten überweisen.

Funovits nahm mit dem Antrag, der ohne Gegenstimme – also mit Stimmen der VP-nahen Aktionsgemeinschaft angenommen wurde, ein Modell auf, das der Kommunistische Studentenverband (KSV) 2001 entworfen hatte. Hanno Wisiak, Grazer KSV-Mandatar freut das: “Das Modell hat im Gegensatz zu zahnlosen Online-Petitionen Erfolgschancen.” 5000 Unterschriften gegen Studiengebühren übergibt der Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ) heute Alfred Gusenbauer.

Colette M. Schmidt/DER STANDARD-Printausgabe, 20.12.2006)
auch in der “Standard” online-Ausgabe

Diese, vom KSV schon seit Jahren geforderte Maßnahme, scheiterte jedoch bisher immer am Unwillen der rosararoten und grünen Studierendenvertretung, wie dieser Artikel aus 2001 zeigt:

Bereits Mitte Mai 2001 fand sich in tausenden Studierendenpostkästen ein Zahlschein mit dem Aufdruck 5,180,– in der Betragsspalte: 5.000,– Schilling Studiengebühren und 190,– Schilling ÖH-Beitrag. Die damalige offizielle Bundes-ÖH unter der Exekutive der Aktionsgemeinschaft (AG) hatte unter mucksmäuschenstillem Protest zugestimmt, den ÖH-Beitrag gemeinsam mit den Studiengebühren vom Bundesrechenzentrum einheben zu lassen und somit ihren eigenen finanziellen Fortbestand an die Einhebung von Studiengebühren gekoppelt. Es war auch nichts anderes zu erwarten, schon immer beschränkten sich die „Maßnahmen“ der AG auf Scheinproteste. Die AG war und ist nichts anderes als der Spießgeselle der Regierung auf Uni-Ebene, und so wollen wir sie fortan ÖVP-AG nennen. Auch die Universitätsvertretungn (UV) der ÖH Uni Wien – damals ebenfalls ÖVP-AG-Alleinregierung – kündigt in einem Brief auf ihrer Homepage an, dass der „Studienbeitrag“ jedenfalls einzuzahlen sei. In einem Nebensatz, dass die ÖH die Studiengebühren eigentlich nicht wirklich okay findet, aber dann geht sie sofort zum Serviceteil über, wer hat wann wie viel wo einzuzahlen – kein Sterbenswörtchen über Protest, nicht eine Silbe zum Boykott. Zum Glück gibt es an der Uni eine Linke, die sich bereits 2001 Gedanken über Möglichkeiten, die Gebühren doch noch zu verhindern gemacht hat. Die Situation ist nie so ausweglos, wie sie scheint. Es bleiben uns noch Möglichkeiten, die Studiengebühren wieder los zu werden, sie müssen ja schließlich eingehoben werden: Und so bietet sich ein erfolgversprechendes, in einigen Ländern bereits erprobtes Modell an: Studiengebührenboykott, ein Modell, das auf kollektiven zivilen Ungehorsam setzt.

Studiengebührenboykott, was ist das? In Deutschland erprobte Modelle zeigen, wie es gemacht wird: die € 363,63 werden nicht an die Konten der Universitäten, sondern auf ein dafür eingerichtetes Treuhandkonto überwiesen. Ein solches Konto ist für die Feststellung der Zahl der Boykottierenden notwendig. Gleichzeitig gibt es die Sicherheit, dass bei Nichterreichen des Quorums (dem Mindestprozentsatz an Studierenden einer Universität, die den Boykott unterstützen), das Geld – fristgerecht, sodass alle ganz „normal“ inskribiert wären – an die Unis weiterüberwiesen wird. Ein Stichtag und ein Quorum werden uniweiten Vollversammlungen festgelegt. Wird dieses erreicht, tritt der Boykott in Kraft – keine Universität kann es sich leisten, einen großen Teil ihrer Studierenden zu exmatrikulieren.

In Deutschland wurde dieses Modell an mehreren Uni angewandt. Die Hochschule für Musik und Theater in Hannover, die Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, die FH Oldenburg und Uni Hannover erreichten ihre festgelegten Quoren und der Boykott trat in Kraft – auf zahlreichen anderen Unis gab es Leute, die auf eigene Faust boykottierten. In England wurde 1997 ebenfalls eine Gebührenboykottkampagne gestartet. Ein Zehntel der Studiengebühren wurde nicht bezahlt, dadurch bestand die Grundlage für eine politische Kampagne. An zahlreichen Universitäten liefen Boykottaktionen; ihre Zahl nahm stetig zu. 1998 geriet in die Schlagzeilen, dass Studierende in Oxford wegen ihrer Beteiligung an der Kampagne zwangsexmatrikuliert werden sollten. In der Folge sprangen die Boykotte auf einige Londoner Hochschulen über, und dort führten einige Besetzungen dazu, dass die Drohung mit dem Rauswurf nicht länger aufrecht erhalten werden konnte.

Seien wir realistisch, ohne Boykott läuft gar nichts! Keinen Cent den Gfrastern!

Von Irene Zavarsky. Aus UNITAT 1/2001. Redaktionelle Bearbeitung von Hanno Wisiak.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert