Das demokratische Prinzip der Bundes-ÖH wurde
während Corona praktisch abgeschafft

Seit Wochen werden wir Studierende mit den Folgen der Corona Maßnahmen im Stich gelassen. Während viele von uns ihre Arbeit verloren haben, ihr Studium nicht rechtzeitig beenden können oder mit sonstigen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, hören wir von Bildungsminister Faßmann nur, dass wir uns mit dieser Situation abzufinden hätten. Soweit so bekannt. Doch was macht eigentlich die ÖH? Angesichts der Unsichtbarkeit der obersten Studierendenvertretung eine berechtigte Frage, die wir im Folgenden klären wollen.

Von aktivem Widerstand war während der letzten zwei Monate wenig zu merken. Eine Presseaussendung hier, eine Empörungspost da sollten das höchste der Gefühle bleiben. Einmalmehr wird das Selbstverständnis der ÖH in Form ihrer Stellvertreterpolitik für eben jene zum Bumerang. Wahlkampf für Wahlkampf beteuern GRAS, VSStÖ und FLÖ man solle sie nur wählen, sie würden das Übrige tun und wie immer zeigt sich, dass es der falsche Ansatz ist Studierendenpolitik zu machen, ohne die Studierenden einzubinden.

Demokratie? Fehlanzeige!

Diese politischen Allmachtsphantasien fanden allerdings in den vergangenen zwei Monaten ihren Höhepunkt: Als sich die Schließung der Universitäten aufgrund der Corona-Situation anbahnte, wurde die für 13. März angesetzte erste reguläre BV-Sitzung vom Vorsitz abgesagt. Es hieß, dass die Räumlichkeiten an der Universität Innsbruck nicht zur Verfügung stehen würden und wie wir im Nachhinein wissen, schlossen schließlich alle Universitäten und Hochschulen bis auf weiteres ihre Pforten. „Man stehe im engen Kontakt mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung“ versicherte uns Vorsitzende Adrijana Novakovic von der GRAS. Das sollte, abgesehen von einigen „Updates“, vorerst die letzte Information sein, die wir und die anderen Listen in den darauffolgenden zwei Monaten erhalten sollten.

Während es den Interessensvertretungen in anderen gesellschaftlichen Bereichen gelang ihre Strukturen aufrechtzuerhalten, machte die ÖH-Exekutive dahingehend keine Anstalten. Erst auf unser Drängen hin sollten erste „informelle Sitzungen“ stattfinden – heißt konkret: der Opposition wurde lediglich Auskunft über die Arbeit der Hochschüler_innenschaft gestattet. Als sich diese über die fehlende Einbindung in die politische Arbeit der ÖH beschwerte, berief sich der Vorsitz jedoch auf §35 Abs. 1 HSG, welcher besagt, dass in Notsituationen der/die Vorsitzende allein entscheidungsbefugt sei. Wir sollten uns vor Augen führen, was das bedeutet: Während die österreichische Bundesregierung seit Monaten zurecht dafür in der Kritik steht, zu regieren als gäbe es das Parlament nicht, argumentiert die selbsterklärte „linke ÖH-Exekutive“ auf die gleiche Weise. Der Zynismus der diesem wirren Demokratieverständnis angesichts der in der Exekutive vertretenen Fraktionen inhärent ist, sei nur am Rande erwähnt.

Kein Härtefallfond für die Bedürftigsten

Abseits dieser demokratiepolitischen Farce, wurde ein Härtefallfond initiiert, der Studierenden, die im Zuge von Corona schwerwiegende finanzielle Folgen zu tragen haben, helfen soll. Auch wenn uns bewusst ist, dass solche Maßnahmen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind und es vielmehr die Aufgabe der ÖH wäre hier auf größere Lösungen zu drängen, begrüßen wir diesen Fond grundsätzlich. Wir gehen noch weiter und sind der Meinung, dass die ÖH bei der Finanzierung dieses Fonds verstärkt auf ihre Rücklagen zurückgreifen sollte. Allerdings haben bislang die wenigsten Studierenden von diesem Fond gehört, angesichts des lächerlich niedrigen Budgets für Öffentlichkeitsarbeit (1000€) wenig verwunderlich. Auf unsere Nachfrage warum hier nicht mehr Geld in die Hand genommen werden, hieß es man denke darüber nach.

Die Ausschlusskriterien der Richtlinien für den Härtefallfond sind zwar an sich nicht so streng wie beim Sozialfond, trotzdem sind diese auch mit einem dicken Sternchen versehen. Anspruch auf den Härtefallfond haben nämlich nur Studierende, die seit 01.10.2019 nicht mehr als 100 € soziale Unterstützung von der lokalen ÖH bekommen haben. Sprich: die Bedürftigsten der Bedürftigen, die ohnehin schon jeden Cent dreimal umdrehen müssen und die von der Corona-Krise umso härter betroffen sind, werden hier im Stich gelassen.

Mangelhafte Forderungen

Im Rahmen einer Petition eröffnete die ÖH ihre Forderungen zur Bekämpfung der Problemstellungen, die im Zuge der Corona-Pandemie zu Tage traten. Viele dieser Anliegen unterstützen wir, trotzdem sind die Forderung unser Meinung nach nicht weitreichend genug. Zeitgleich zur Petition der ÖH veröffentlichten wir als KSV eine Petition, die 13.000 UnterstützerInnen fand und durch die zahlreichen Rückmeldungen von Studierenden noch weiter ergänzt wurde. Viele für uns zentrale Anliegen, wie „Keine Verzögerung des Studienabschlusses durch Corona Maßnahmen“ lässt der Forderungskatalog der ÖH-Exekutive jedoch vermissen. Deshalb schlugen wir vor die Forderungen unserer Petition, in jene der ÖH miteinfließen zu lassen. Wenn wir die Punkte, die in der ÖH-Petition fehlen per Mail schicken würden, dann überlegen sie es sich, so der Vorsitz. So oder so würde dahingehend unserer Meinung nach viel zu spät gehandelt werden. Die Verzögerung des Studienfortschritts durch die Corona Folgen ist für tausende Studierende bereits unausweichlich.

Organisierter Protest statt Ohnmacht

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Corona-Krise die demokratischen Prozesse der ÖH fast vollständig zum Erliegen gebracht hat. Wir sind aber davon überzeugt, dass es mit mehr Engagement seitens des Vorsitzes zumindest möglich gewesen wäre eine Online-Sitzung zu organisieren. Wären wir als Oppositionsfraktion wie vorgesehen in die politischen Prozesse der ÖH eingebunden geworden, hätten der mangelhafte Forderungskatalog und die Kritik an der sozialen Exklusion des Fonds auch früher aufgezeigt werden können. So wurden wir de facto vor vollendete Tatsachen gestellt.

Für uns als Kommunistinnen und Kommunisten zeigt sich am Vorgehen der ÖH-Exekutive einmal mehr, dass Studierendenrechte nicht am grünen Tisch ausverhandelt werden. Forderungen aufzustellen, auf den guten Willen der Regierung zu hoffen und bei ausbleibender Umsetzung empört zu sein ist der falsche Weg. Den notwendigen Druck können nur wir Studierende selbst erzeugen. Deshalb müssen wir uns in den kommenden Wochen und Monaten organisieren und unseren Protest im Rahmen der Möglichkeiten auf die Universitäten tragen, um unseren Anliegen Nachdruck zu verleihen. Dafür bedarf es aber zumindest einer Debatte und hier ist jetzt die ÖH gefragt die Versäumnisse der vergangenen Monate nicht noch zu verlängern!