Europas Unternehmer, vulgo “Kapitalistenschweine”, haben wieder was zu jubeln: Die EU hat sich wieder einmal als ihre institutionalisierte Lobby bewiesen und ihnen in vorweihnachtlicher Demut eine neue Dienstleistungsrichtlinie, Schlagwort: Bolkestein, geschenkt. Hören wir uns doch mal an, was Sahra Wagenknecht und die KPÖ-Steiermark dazu sagen:

Zur Abstimmung des Europäischen Parlaments über die Dienstleistungsrichtlinie erklärt Sahra Wagenknecht, Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS [in dieser, wohlgemerkt, Mitglied der “Kommunistischen Plattform”; Anm. KSV], die in der heutigen Plenardebatte als Vertreterin der Linksfraktion GUE/NGL gesprochen hat:

Die heutige Abstimmung über die Dienstleistungsrichtlinie beendet eines der schäbigsten Kapitel, an denen das Europaparlament mitgewirkt hat. Mit einer großen Mehrheit aus Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten wurde die Dienstleistungsrichtlinie ohne Änderungen durchgewinkt. Das Europaparlament verzichtet so auf eine eigene Positionierung und schwenkt willfährig auf die Linie ein, die von Rat und Kommission vorgegeben worden ist. Ein Vermittlungsverfahren wurde nicht einmal in Erwägung gezogen. Die ursprünglichen vollmundigen Ankündigungen, die insbesondere von den Sozialdemokraten gemacht wurden, waren nichts anderes als ein reines Schaugefecht. Keine Kröte war zu groß, als dass sie nicht von der Mehrheit der Sozialdemokraten hätte geschluckt werden können. Entscheidend war der gemeinsame Schulterschluss der neoliberalen Parlamentsmehrheit mit den Großkonzernen, die unermüdlich für die Bolkestein-Richtlinie getrommelt haben und nun am Ziel angelangt sind. Dem Europäischen Gerichtshof, der für seine konzernfreundlichen Entscheidungen bekannt ist, wird es jetzt überlassen, mit seinen Interpretationen das neoliberale Werk zu vollenden.

Wer sich den Schneid mit einigen kosmetischen Veränderungen abkaufen lässt und jedwede neoliberale Schandtat als Erfolg verkauft, handelt nicht im Interesse der Beschäftigten in Europa. Sie sind es, die die Quittung zahlen werden: Die Dienstleistungsrichtlinie wird eben nicht Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen, sondern zu weiterem Sozialabbau und der Aushöhlung von Sozial-, Arbeits- und ökologischen Standards führen.

Die heutige Abstimmung im Europäischen Parlament ist ein Verrat am Ziel eines sozialen Europas. Darüber hinaus ist sie ein Paradebeispiel dafür, wie sich das Parlament selbst bedeutungslos macht, indem es zum Sprachrohr von Rat und Kommission verkommt.

Strasbourg, den 15. November 2006
Sahra Wagenknecht

Bolkestein: Die Unternehmer jubeln
Große Koalition im EU-Parlament beschließt Dienstleistungsrichtlinie

Das EU-Parlament hat die Dienstleistungsrichtlinie heute mit den Stimmen einer großen Koalition beschlossen. Linke und KommunistInnen stimmten gegen diesen entscheidenden Schritt in Richtung Sozialabbau und Druck auf die Löhne.

In Österreich jubeln die Unternehmerverbände. So betont Reinhold Mitterlehner von der Wirtschaftskammer, dass die beschlossenen Änderungen „rein technischer Natur ohne praktische Auswirkungen auf die Dienstleistungserbringer“ sind. Das sei „eine Bestätigung der Lobbyingaktivitäten der Wirtschaftskammer“.

Der steirische KPÖ-Vorsitzende Franz Stephan Parteder sieht in dieser Aussage eine Bestätigung seiner Position: „Dieser Beschluss ist kein Kompromiss im Interesse der arbeitenden Menschen, sondern ein Geschenk für das Großkapital. Die Verantwortung von Gewerkschaften und Sozialdemokratie, die ihre Proteste gegen den „Bolkesteinhammer“ im Frühjahr abgebrochen haben, für diese Verschlechterung ist sehr groß. Ich kann mich noch daran erinnern, dass der ÖGB im April dieses Jahres alles daran gesetzt hat, damit es beim informellen EU-Wettbewerbsgipfel in Graz zu keiner Großdemonstration gegen diese Verschlechterungen gekommen ist. Jetzt müssen die offiziellen Arbeiterorganisationen den fast nicht mehr subtilen Spott des Wirtschaftsbundes ertragen.

Deshalb zeigt sich die Arbeiterkammer (AK) mit dem Abstimmungsergebnis zur Dienstleistungsrichtlinie unzufrieden. Die Arbeiterkammer kritisiert auch, dass die Dienstleistungsrichtlinie wichtige Leistungen der Daseinsvorsorge umfasst, zum Beispiel die Wasserversorgung oder die Abfallentsorgung. Was sie aber nicht hinzufügt ist die blamable Tatsache, dass die österreichischen SP-Mandatare – auch jene, die aus der Gewerkschaftsbewegung kommen – heute für Bolkestein gestimmt haben.“

Mit einem liberalisierten Dienstleistungsbinnenmarkt wird ein tiefgreifender Deregulierungsprozess in Gang gesetzt, der alle bisherigen Beschlüsse zur Schaffung eines EU-Binnenmarktes in den Schatten stellt. Wer solche Entscheidungen trifft, braucht sich über eine wachsende Ablehnung der EU durch ihre Einwohnerinnen und Einwohner nicht zu wundern.

KPÖ-Steiermark
http://www.kpoe-steiermark.at/12.1956.0.0.1.0.phtml

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