Nachdem sich die „linke“ Koalition aus GRAS, VSStÖ und FLÖ in den vergangenen Monaten aus scheinheiligen Gründen selbst in die Luft gesprengt hat und nun erstmals seit langer Zeit wieder die ÖVP-Studierendenfraktion AG den Vorsitz der ÖH bekleidet, fand vergangenen Freitag die erste Bundesvertretungs-Sitzung unter diesen neuen Vorzeichen statt. An dem Hick-Hack zwischen den verschiedenen Fraktionen – die seit jeher lieber die Lobby für ihre Mutterparteien spielen, anstatt die österreichische Studierendenschaft seriös zu vertreten – hat sich trotz Vorsitzwechsel nichts geändert.
So wurden bei der Sitzung vonseiten der Oppositionsfraktionen neben ein paar wenigen sinnvollen insbesondere viele unseriöse Anträge gestellt, deren einziges Ziel es scheinbar war, die ÖH-Vorsitzende zu provozieren und die Sitzung zu blockieren. Gleichzeitig ging die neue ÖH-Vorsitzende der AG auf ernsthafte kritische Nachfragen entweder nur sehr vage, oder gar nicht ein. Ein ernsthaftes Arbeiten für die Studierenden während der Sitzung wurde damit logischerweise geradezu verunmöglicht. Die in ihrem Ansehen ohnehin ramponierte ÖH hat sich damit nochmals selbst lächerlich gemacht…
Am Ende des Tages wurde Nada Taha Ali Mohamed vom VSSTÖ zur Stv. Vorsitzenden gewählt. Zwar ist es erfreulich, dass die nach den Vorstellungen von AG und Junos eigentlich dafür vorgesehene Kandidatin der JUNOS-Privatisierungsextremisten verhindert werden konnte, allerdings darf man sich über die Vorgehensweise des VSSTÖ mehr als wundern: Jener VSSTÖ, der die ehemalige ÖH-Exekutive in Zeiten der Corona-Krise verlassen hat, war plötzlich doch wieder dazu bereit, sich wieder in ebenjene wählen zu lassen. Begründet hat der VSSTÖ seinen Rückzug aus der ehemaligen „linken“ Koalition nach offizieller Erklärung damit, dass die GRAS es verhindern würde, als ÖH regierungskritische Arbeit zu leisten. Der jetzige Schritt, in einem Schulterschluss mit der ÖVP-AG nun das Vorsitzteam zu stellen, erscheint in diesem Zusammenhang nichts als absurd: Statt mit der grünen Studierendenfraktion, wird die Bundesregierung nun also mit der ÖVP-Studierendenfraktion für ihre studierendenfeindliche Politik nicht kritisiert.
Die Leidtragenden dieses Kasperltheaters sind dabei wieder einmal wir Studierende. Denn während die MandatarInnen der Fraktionen der Bundes-ÖH weiterhin in handlungsunfähiger Selbstbeschäftigung den karrieristischen Ambitionen in ihren Mutterparteien nachgehen, indem sie das parteipolitische Hick-Hack in die ÖH-Bundesvertretung tragen, geraten immer mehr Studierende in ernsthafte Schwierigkeiten. Erstsemestrige mussten den ohnehin schon schwierigen Studienstart zum größten Teil online bewältigen, Jobverluste führen zu finanziellen Problemen und für den Studienfortschritt benötigte Laborplätze werden noch rarer, als sie ohnehin schon waren. Gleichzeitig bläst die Bundesregierung zum nächsten Angriff in Form der in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Gesetzesnovelle, die uns unseren Studienalltag um noch Eins erschweren wird und durch die wir Studierende mit noch mehr Druck auf unseren Schultern durch das Studium gepeitscht werden sollen. Anstatt dagegen Widerstand aufzubauen, wird elitären, studierendenfeindlichen Organisationen wie den JUNOS oder dem RFS unterdessen neuer Zunder für ihre Forderung nach einer Abschaffung der ÖH als Interessenvertretung für alle Studierenden gegeben.
Wir werden nicht müde zu betonen, dass es eine andere ÖH braucht: eine ÖH, die bedingungslos auf der Seite der Studierenden kämpft, anstatt sie als Spielweise zu missbrauchen. Es braucht eine ÖH, die sich nicht wie AG, JUNOS und Co. auf zahnlose Servicepolitik beschränkt. Es braucht eine ÖH, die daran arbeitet, den Forderungen der Studierenden Wirkmächtigkeit zu verleihen, anstatt sich hinter Presseaussendungen und Willensbekundungen zu verstecken. Nur in einer gemeinsamen Front aus Studierenden, Forschenden und Lehrenden können wir unseren Studienalltag verbessern – zeigen wir Widerstand!