Die Bundesvertretungssitzung der ÖH am 10.10.2014 in Salzburg hatte so einiges zu bieten. Bereits im Vorhinein war klar, dass neben dem „Alltagsgeschäft“ – ein paar Neubestellungen und die ÖH-Versicherung – diesmal auch der Equal Pay Day, Kobanê und Studierendenproteste behandelt werden würden. Unklar dürfte aber so mancher/manchem gewesen sein, dass gerade die letzten Punkte für viele Emotionen sorgen sollten.

Jede/jeder Studierende muss momentan neben dem ÖH-Beitrag 50 Cent für die Studierendenversicherung bezahlen. Da der Vertrag mit der alten Anstalt aber nicht mehr gültig ist, musste sich die ÖH nach einer neuen Versicherung umsehen. Dass sich der Beitrag nun von 50 auf 70 Cent bei veränderten (vermeintlich ein klein wenig besseren) Leistungen erhöhte, haben die Junos (ehem. Julis, immer noch Teil/Partner von Neos) zum Anlass genommen, einen Gegenantrag für die Abschaffung dieses Cent-Betrages einzubringen. Diese würden lieber das Budget der ÖH für die Versicherung verwenden als diese 70 Cent pro StudentIn. Die Mehrbelastung von 5 Cent/Monat als Legitimation für das Aufbrauchen des ÖH-Budgets zu verwenden, ist jedoch nichts als blanker Populismus. Die HochschülerInnenschaft benötigt ein Budget, um arbeiten zu können. Wofür sie dieses einsetzt ist ein anderes Thema, doch ihr die finanziellen Mittel zu nehmen, heißt gleichzeitig diese gesetzliche Interessensvertretung handlungsunfähig zu machen. Lustig daran ist allein die Tatsache, dass dieser Antrag von der Fraktion kommt, die am lautesten nach Studiengebühren in der Höhe von abertausenden Versicherungsbeiträgen schreit.

Der Equal Pay Day war dann schon Anlass für etwas mehr Emotion. Denn warum Frauen endlich gleich viel verdienen sollen wie Männer, scheint so manchen Reaktionären nicht ganz einzuleuchten. Etwa ein Mindestlohn, der Berufe aufwerten könnte, in denen vornehmlich Frauen beschäftigt sind, wird sowohl von liberaler wie konservativer Seite abgelehnt. Das ist freilich kein Wunder und aufgrund ihrer politischen Gesinnung, die sie doch nur allzu gerne wegleugnen versuchen, logisch. Die Argumentation, dass Frauen aber gerade in Berufen arbeiten, in denen sie viel Trinkgeld bekommen und deswegen ein Mindestlohn nicht benötigt wird (AktionsGemeinschaft), ist jedoch ausschließlich dumm. Sich bei niedrigem Lohn auf die Willkür der KundInnen verlassen zu müssen scheint in manchen Kreisen als Legitimation zu dienen, stößt bei den meisten MandatarInnen aber zum Glück auf widerwertiges Kopfschütteln.

Dass Kobanê dann auch im Verlauf der Diskussion für die eine oder andere Träne sorgte, war zwar in Anbetracht der dortigen Lage weniger verwunderlich, auf einer BV-Sitzung aber doch eher eine Seltenheit. Abgesehen davon, dass nicht wenige Studierende in Österreich kurdischer Herkunft sind und somit auch ein studentischer Bezug zu dieser Frage sofort herzustellen ist, ist es die Pflicht der politischen Interessensvertretung sich zu tagesaktuellen Geschehnissen zu äußern und gerade hier, vor dem Hintergrund eines drohenden Massakers durch die IS-Mörderbanden, Stellung zu beziehen. Wir begrüßen, dass sich die ÖH nun mit den Menschen in Rojava und Flüchtlingen solidarisiert. Allerdings werden wir das Gefühl des Brechreizes nicht los, wenn uns vermeintliche „Linksaußen“-Personen, vor allem aus den Sitzreihen der grünen Fraktion, erklären, dass sie nur mit Bauchweh dafür stimmen konnten, da sie mit dem „Wording“ allen voran dem sogenannten „NATO-Bashing“ nicht einverstanden sind .

Ein Antrag sei aber noch erwähnt: die Solidarisierung mit den Protesten in Hongkong. Es dürften die Stichworte „Demokratie“ und „Studierende“ ausgereicht haben, um vorschnell einen Antrag zu verfassen. Wir wollen uns weder mit dem chinesischen System solidarisieren noch gegen demokratische Mitbestimmung aussprechen, aber wir haben uns aufgrund der derzeitigen Informationslage enthalten müssen. Was wir darüber wissen ist, dass sich die Medien in unseren Breitengraden darüber gerade die Finger wund schreiben. Na klar, immerhin geht es hier doch um „Demokratie“. Wieder eine passende Gelegenheit, die imperialistischen Interessen unter das Banner der Menschenrechte zu stellen. Die USA sind jedenfalls wieder mittendrin und tragen im Hintergrund die amerikanischen Interessen in den Protest.¹ Dabei hat sich erst vor kurzem gezeigt, was herauskommen kann, wenn die SchreiberInnen und KommentatorInnen neue Demokratiebewegungen heraufbeschwören wie in der Ukraine. Denn dort marschieren jetzt neonazistische Söldner gen Osten.² Auch wenn eine faschistische Gefahr in Hongkong nicht zu sehen ist, werden wir der Meinungsmache des Imperialismus nicht blind folgen, sondern auch hier kritisch bleiben.

Gegen 22:30Uhr war dann diese Sitzung auch zu Ende. Was sich weiterhin als schwierig erweist, ist das konkrete, dringend notwendige, politische Eingreifen in den Studierendenalltag. Denn nach wie vor fehlt es an Widerstand gegen die immer stärkere Implementierung der Hochschulen in den kapitalistischen Verwertungswahnsinn.

¹ https://www.jungewelt.de/schwerpunkt/us-w%C3%BChlarbeit-hongkong
² http://www.tagesspiegel.de/medien/ukraine-konflikt-im-zdf-hakenkreuz-und-ss-rune-protest-von-zuschauern/10685462.html