Gemeinsame Stellungnahme der Organisatoren der Veranstaltungsreihe zu 70 Jahre DDR-Gründung, Wien/Linz/Innsbruck am 14. November 2019
Nach zwei Veranstaltungen in Wien und Linz am 8. und 11. November sollte am 13. November 2019 auch in Innsbruck eine gemeinsame Veranstaltung des Kommunistischen StudentInnenverbandes (KSV), der Kommunistischen Jugend (KJÖ) und der Partei der Arbeit Österreichs (PdA) stattfinden. Das Thema lautete: „70 Jahre Gründung der DDR“ und ihr Ziel war es – so der Ankündigungstext -, „über die Verdienste, die Erfolge, aber natürlich auch über die fehlerhaften Entwicklungen der Deutschen Demokratischen Republik [zu] diskutieren“ – und um Schlüsse zu ziehen, wie ein zukünftiger Sozialismus besser zu gestalten wäre. Als Vortragender und Diskussionspartner wurde seitens der Veranstalter ein Zeitzeuge, der deutsche Jurist und Anwalt Dr. Hans Bauer, ehemaliger stellvertretender Generalstaatsanwalt der DDR, eingeladen. Es steht außer Frage, dass es sich dabei um eine komplexe und widersprüchliche Materie handelt, die im öffentlichen Diskurs naturgemäß zu unterschiedlichen, gegensätzlichen Einschätzungen und Meinungen führt, wovon manche recht unreflektiert erscheinen. Doch dies ist nunmal Teil einer offenen Diskussion, der sich die Veranstalter keineswegs zu verschließen gedachten.
Während die Veranstaltung in Wien mit gut 80 Besuchern erfolgreich und für alle Beteiligten informativ über die Bühne ging, fingen in Linz die Probleme an: Die vom ÖGB zugesagten Räumlichkeiten wurden nach einer medialen Diffamierungskampagne der ÖVP verweigert, die Stadt Linz sprang jedoch ein und stellte für den Termin einen Saal im Volksheim Pichling zur Verfügung. Über 40 Interessierte kamen zur Veranstaltung und beteiligten sich an der Diskussion. Dass hierbei allerdings auch zwei Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sowie ein Provokateur des ÖVP-„Volksblattes“ zugegen waren, sei am Rande erwähnt.
Anders in Innsbruck: Auch hier wurde zunächst die lange vereinbarte Räumlichkeit storniert – dabei handelte es sich um den „Begegnungsbogen“ des Integrationsbüros Innsbruck, das von der Stadtgemeinde und vom Land Tirol gefördert wird – damit das so bleibt, musste die Veranstaltung wohl abgesagt werden. Daher kam es zur ersten Verlegung: Der KSV als gewählte ÖH-Fraktion wollte die Veranstaltung an der Universität Innsbruck durchführen. Doch das Rektorat untersagte dies mit fadenscheinigen Begründungen zwei Tage vor dem Termin. Daraufhin kam es zur zweiten Verlegung, nämlich in die Räumlichkeiten des Alevitischen Kulturvereins im Volkshaus Reichenau. Und dies wurde sodann mit unfassbaren Mitteln unterbunden: Dem türkisch-kurdischen ImmigrantInnen-Verein wurde nocham Tag des Termins vom Vermieter angedroht, den Mietvertrag zu kündigen und die AlevitInnen auf die Straße zu setzen, sollte die Veranstaltung mit Dr. Bauer dort durchgeführt werden – Verwalter des Volkshauses ist der SPÖ-nahe ASKÖ, eigentlicher Eigentümer der Liegenschaft ist die Stadtgemeinde Innsbruck. Doch das war noch nicht Drohung genug: Zur „Sicherheit“ schickte man noch eine Polizeistreife zum Alevitischen Verein, was natürlich als zusätzliche Drohgebärde und Einschüchterungsmaßnahme gegenüber dem ImmigrantInnen-Verein gedacht war. Den Verantwortlichen blieb nichts Anderes übrig, als abermals den Veranstaltungsort zu wechseln – zum insgesamt dritten Mal. Dessen Adresse wurde nun nicht mehr öffentlich bekanntgeben, sondern nur interessierten Teilnehmern auf Anfrage mitgeteilt – nur auf diese Weise war es möglich, die Veranstaltung in Innsbruck im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft doch noch durchzuführen.
Diese Ereignisse in Innsbruck werfen doch einige Fragen auf. Ist es tatsächlich nicht mehr erlaubt, über Alternativen zum Kapitalismus zu sprechen? Ist Antikapitalismus neuerdings illegal? Sind wir in unserem Land tatsächlich wieder so weit, dass eine Diskussion über den Sozialismus nur mehr im „Untergrund“, im Geheimen durchführbar ist? Ist es für die politische Elite tatsächlich nicht mehr möglich, ihr politisches und Wirtschaftssystem zu rechtfertigen, ohne KritikerInnen und Andersdenkende zum Schweigen zu bringen? Ist es wirklich die Politik einer grünen Stadtführung, ImmigrantInnen einzuschüchtern und willkürliche polizeiliche Repression und Verfolgung anzudrohen?
Offensichtlich ist: Die bloße Diskussion über Alternativen zum Kapitalismus und Imperialismus sollte verhindert, ja verboten werden, noch bevor nur ein Wort gesprochen wurde. Es zeugt von einer gewissen absurden Ignoranz, wenn man mit Verweisen auf ein „Unrechtsregime“ der DDR ohne ‘Meinungsfreiheit‘ versucht, genau das durchzusetzen: Bei den Vorgängen in Innsbruck handelt es sich nämlich um nichts Anderes als einen unverblümten Angriff auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, der einem demokratischen, liberalen Rechtsstaat, wie es Österreich sein soll, kein gutes Zeugnis ausstellt. Diese Botschaft der vorherrschenden Politik, dass Kapitalismuskritik unerwünscht ist und keinesfalls geduldet wird, dass die öffentliche Äußerung abweichender Meinungen mit allen Mitteln unterbunden werden muss, ist beschämend für die verantwortlichen Parteien der Stadtgemeinde und die Entscheidungsträger der Universität Innsbruck – und ein guter Grund, um über Alternativen zum Kapitalismus und seiner bürgerlichen Herrschaftsform nachzudenken und zu diskutieren. Das werden wir daher auch weiterhin tun, gerne auch in der Auseinandersetzung mit gegenteiligen Meinungen.
Die Ansicht aber, dass es eine bessere Gesellschaft und eine bessere Welt geben kann und wird als die des Kapitalismus und Imperialismus mitsamt Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg, lässt sich nicht verbieten.
Partei der Arbeit Österreichs
Kommunistischer StudentInnenverband Innsbruck
Kommunistische Jugend Tirol
Kommunistischer StudentInnenverband Linz
Kommunistische Jugend Oberösterreich